Bildungsmonitoring a là Bertelsmann Stiftung

Ein funktionierendes Bildungssystem ist eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Aber wie gut ist unser Bildungssystem? Was heißt „gut“ eigentlich? Und was muss wo passieren, damit es „gut“ wird? Mit derzeit neun Instrumenten des Bildungsmonitoring verteilt über alle Bildungssektoren von der frühkindlichen Bildung bis zur Hochschulbildung versucht die Bertelsmann Stiftung Antworten auf diese Fragen zu geben. Dabei arbeitet sie mit ganz unterschiedlichen regionalen Zuschnitten, vom Vergleich europäischer Länder bis zum Ranking einzelner Bildungsanbieter.

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Viele Instrumente ein Ziel

Bei der Vorbereitung für meinen Vortrag zum Bildungsmonitoring der Bertelsmann Stiftung auf der zweiten learning cities conference der UNESCO in Mexiko City habe ich mir einmal einen Überblick versucht zu schaffen. Allen Instrumenten gemein ist das Ziel evidenz-basiertes Bildungsmanagement zu unterstützen, frei nach dem bekannten Zitat von Robert Kaplan, dem Erfinder der Balanced Scorecard:

„If you can’t measure it, you can’t manage it“.

Dabei hat die Stiftung zwei wesentliche Qualitätsdimensionen im Blick. Zum einen die Leistungsstärke des Bildungssystems, zum anderen seine Chancengerechtigkeit. In welchem Maße gelingt es uns also den individuellen Lernerfolg zu fördern und wie gut sind wir darin soziale Benachteiligungen zu überwinden?

Verschiedene Instrumente verschiedene Ansätze

Die Instrumente unterscheiden sich neben dem betrachteten Bildungsbereich und der räumlichen Auflösung auch in mehreren Punkten:

1. Benchmarking vs. Benchlearning

Die meisten unserer Instrumente schaffen vor allem Transparenz in dem sie Vergleiche anstellen, die verschiedene Handlungsebenen ansprechen. Bildungs- und Kultusministerien auf Länderebene, Bildungsdezernenten auf Kreis- und kommunaler Ebene, aber auch Verantwortliche in Bildungsinstitutionen. Für die tatsächliche kommunale Steuerung sind zusammen mit der Bertelsmann Stiftung weitere Konzepte entwickelt worden, z.B. der Bielefelder Lernreport aber auch Instrumente im Kontext von Lernen vor Ort, wie Leitfäden  für datenbasiertes kommunales Bildungsmanagement.

Aber auch die Transparenzinstrumente unterscheiden sich bezüglich ihrer Steuerungsrelevanz. Die European Lifelong Learning Indicators (ELLI) und der deutsche Lernatlas (DLA) stellen einmalige Erhebungen dar und dienen so letztlich der Berichterstattung im Sinne einer Wasserstandserhebung. Die anderen Instrumente betrachten zusätzlich zum Status quo auch die Entwicklung über mehrere Jahre, und können so mehr die Funktion eines Monitorings übernehmen, dass auch die Wirkung politischen Handelns versucht zu erfassen. Gleichzeitig liefern mehrere Instrumente auch Studien über besonders erfolgreiche Fälle, die erste Hinweise auf sinnvolle Handlungsoptionen geben können. Aus manchen Instrumenten werden sogar konkrete Handlungsanleitungen erarbeitet die direkte Entwicklungsimpulse setzen.

2. Ranking vs. Gruppenbildung vs. Einzelvergleiche

Die Vergleiche werden bei den verschiedenen Instrumenten auf sehr unterschiedliche Art angestellt. Der ELLI und der DLA erstellen Rangreihen der Länder, Bundesländer und Kreise und zwar anhand konkreter Zahlenscores sowohl in den einzelnen 4 UNESCO Lerndimensionen (to know, to do, to live together, to be) als auch summiert über alle Dimensionen hinweg. Auch das Vergleichsportal für Universitäten „umultirank“ ermöglicht das direkte Ranking von Universitäten, hier werden allerdings pro Indikator nicht konkrete Zahlen gerankt sondern eine Einteilung in fünf Gruppen. Dies aber wieder insgesamt, pro Dimension (teaching & learning, research, knowledge transfer, international orientation, regional engagement) oder pro Indikator. Der Deutsche Weiterbildungsatlas ermöglicht kein direktes Ranking. Er kartiert die Regionen allerdings pro Dimension (Weiterbildungsteilnahme (alle/Geringqualifizierte), Potentialausschöpfung (alle/Geringqualifizierte), Weiterbildungsangebot (öffentlich/privat/betrieblich) anhand von 5-6 Klassen, gleicher Breite auf der jeweils zu Grunde liegenden Skala. Auch der Wegweiser Kommune kartiert größtenteils mit gleichen Klassenbreiten einzelne Indikatoren. Der Chancenspiegel verwendet einen noch etwas anderen Ansatz. Er weist jedem Bundesland pro Dimension (Integrationskraft, Durchlässigkeit, Förderung von Kompetenzen, Vergabe von Zertifikaten) eine von drei Gruppen zu (obere 25%, mittlere 50%, untere 25%). Der Keck-Atlas überlässt es dem Nutzer, ob er gleiche Klassenbreiten wie beim Weiterbildungsatlas oder gleiche Klassengrößen, ähnlich dem Chancenspiegel, darstellen möchte, wenn er pro Indikator die Sozialräume der Keck-Kommunen kartieren lässt. Das Ländermonitoring frühkindlicher Bildungssysteme liefert verschiedene Berichts- und Darstellungsformen. Nutzer können jeden Einzelindikator im Ländervergleich sehen oder integriert in einem separaten Landesbericht. (Ausgewählte Indikatoren werden zusätzlich kartiert nach Bundesländern dargestellt). Der Ländermonitor berufliche Bildung, der Ende Oktober erscheinen wird geht ähnlich vor.

3. Quantität vs. Qualität

Auch bei der Auswahl der Indikatoren unterscheiden sich die Instrumente. Der deutsche Weiterbildungsatlas zum Beispiel fokussiert auf die Quantitätsdimension: Wie viele Menschen nehmen an Weiterbildung teil? Wie groß ist das Angebot vor Ort? Der Ländermonitor frühkindliche Bildungssysteme enthält zusätzlich auch konkrete Indikatoren zur Qualität, zum Beispiel zur Relation zwischen Kindern und pädagogischen Fachkräften in den Kitas. Und auch der Chancenspiegel betrachtet zentral die Effektivität des Bildungssystems im Sinne der erfolgreichen Vermittlung von Kompetenzen.

4. Offizielle Statistiken vs. Eigene Indikatoren

Schließlich ist auch die Herkunft der Indikatoren zwischen den Instrumenten unterschiedlich. Der Wegweiser Kommune zum Beispiel listet ausschließlich amtliche Statistiken. Das Ländermonitoring Frühkindlicher Bildungssysteme ergänzt die Fakten amtlicher Statistiken durch eigene Erhebungen in den Fachministerien. Der Chancenspiegel verwendet neben amtlichen Statistiken auch allgemein anerkannte Forschungsergebnisse, wie z.B. die PISA-Kompetenz-Bewertungen. Der Ländermonitor berufliche Bildung und der Deutsche Weiterbildungsatlas nutzen vorhandene amtliche Statistiken, berechnen daraus aber zum Teil neue Indikatoren. Der Deutsche Weiterbildungsatlas weist mit der Weiterbildungsteilnahmequote zum einen Daten des Mikrozensus aus. Zum anderen berechnet er aber auch mit dem regionalen Weiterbildungsangebot Indikatoren, die so in der Form bisher noch nicht vorlagen. Zum Beispiel kartographiert er das Ausmaß des betrieblichen Weiterbildungsangebots in einer Region auf Basis des IAB-Betriebspanels sowie des Unternehmensregisters. Das Panel erlaubt die Weiterbildungsintensität von bestimmten Unternehmenstypen zu schätzen. Das Unternehmensregister liefert die Informationen über die regionale Verteilung der unterschiedlichen Unternehmenstypen.

Sicher gibt es noch weitere Dimensionen auf denen sich die Stiftungs-Instrumente des Bildungsmonitoring  unterscheiden. Ihnen allen gemeinsam aber ist der Anspruch faktenbasiert ein benchmarking für die verschiedenen Bildungssysteme zu ermöglichen und so dafür zu sensibilisieren was möglich und wünschenswert ist.

Over and out.



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