Cool sein zwischen Kühlregalen

– so betitelt die Süddeutsche Zeitung in einem Beitrag vergangene Woche die Kampagnen von Unternehmen im Kampf um Auszubildende (SZ Nr. 49 vom 28.02.2014, http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/585286/Cool-sein-zwischen-Kuehlregalen). Azubis als Supermänner, Filmstars oder Astronauten – vor keinem Superlativ schrecken die Werbefachleute zurück, um die händeringend nach Azubis suchenden Unternehmen bei der Nachwuchssuche zu unterstützen. Mitunter wirken die Versuche fast schon verzweifelt und lenken ab von der zentralen Herausforderung: Es geht nicht darum, Ausbildung attraktiver darzustellen, sondern sie attraktiver zu gestalten. Sicherlich ist es wichtig, das Image von beruflicher Bildung aufzuwerten. Mag auch sein, dass sich durch Imagekampagnen etwas mehr Jugendliche für eine Ausbildung entscheiden und die eine oder andere dieser Kampagnen einem Unternehmen – womöglich auf Kosten eines anderen – die gewünschten Bewerber beschert. An der sinkenden Zahl von ausbildungsinteressierten Jugendlichen insgesamt wird sich aber auch durch Werbekampagnen wenig ändern.

Was ist zu tun, um den Ausbildungsmarkt wieder ins Lot zu bringen und die Wirtschaft mit den so dringend benötigten Fachkräften zu versorgen? Die berufliche Bildung muss sich für neue Zielgruppen öffnen – und zwar in mehrere Richtungen. Sie muss sich nach oben öffnen, um attraktive Aufstiegschancen für leistungsfähige Jugendliche zu bieten und nicht als Sackgasse in der individuellen Bildungsbiografie zu wirken. Dazu gehört insbesondere der Ausbau von Durchstiegsmöglichkeiten zwischen der beruflichen und der akademischen Bildung, und zwar in beiden Richtungen. Allerdings: Der stetig wachsende Anteil von Jugendlichen, die ein Studium der Lehre vorziehen, wird sich dadurch nicht nennenswert aufhalten lassen.

Wichtiger ist daher die Öffnung nach unten: Noch immer befinden sich in Deutschland über eine Viertelmillion junger Menschen in Maßnahmen des Übergangssystems. Eine umfassende Flexibilisierung der beruflichen Bildung, die gestufte Ausbildungen ebenso ermöglicht wie die zeitliche Streckung von Ausbildungsgängen, würde vielen Jugendlichen im Übergangssystem den Weg in eine qualifizierte berufliche Zukunft eröffnen. Wir sollten uns endgültig davon verabschieden, Jugendliche anhand des subjektiven Begriffs (vermeintlich) mangelnder Ausbildungsreife auszusortieren und statt dessen jedem eine Chance geben – seinen Möglichkeiten entsprechend. Damit wäre nicht nur den Jugendlichen geholfen, sondern auch den Unternehmen, die ihre Etats dann wieder für Innovationen einsetzen könnten anstatt zur Inszenierung von Azubis als „Helden des Alltags“.



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