Engagement für Bildung boomt

Immer mehr Menschen engagieren sich in immer mehr gemeinnützigen Organisationen – meist Vereinen – für Bildung. Laut ZiviZ-Survey haben knapp 297.000 Vereine, Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen einen Bildungsbezug, in denen sich fast 16 Millionen Menschen engagieren.

Engagement boomt – aber die Themen ändern sich

In Deutschland engagieren sich laut Freiwilligensurvey 30,9 Millionen Menschen. Die meisten davon in einem Verein oder in einer anderen – meist gemeinnützigen – Organisation. Auch die Zahl der Vereine wächst seit den 90er Jahren stetig. Heute gibt es um die 604.000 eingetragenen Vereine in Deutschland. Es kommen jedoch nicht nur neue Vereine hinzu. Vereine lösen sich immer wieder auch auf. Am stärksten betroffen sind sogenannte “Traditionsvereine”. Diese werden abgelöst von jüngeren Vereinen, die meist andere Themen bedienen und zunehmend auch anderen Organisationskulturen folgen. Das ist ganz natürlich, denn Vereine sind ein Abbild der Gesellschaft und ihre Themen spiegeln gesamtgesellschaftliche Interessen wider. Diskussionen um gute und gerechte Bildung sind seit Jahren ein Dauerbrenner in der öffentlichen Debatte. Zugleich ist gerade bei jüngeren Organisationen zu beobachten, dass sie politischer werden und sich mit ihren Aktivitäten stärker um die Lösung gesellschaftspolitische Herausforderungen bemühen.

Mehr Engagement für Bildung

Heute gibt fast jede fünfte gemeinnützige Organisation an, im Handlungsfeld Bildung aktiv zu sein. Das ist aus zwei Gründen bemerkenswert: erstens ist Bildung das einzige Handlungsfeld, in dem es nennenswerte Zuwächse gegeben hat. Zweitens gab es einen Großteil dieser Organisationen vor zwanzig Jahren noch nicht. Bürgerschaftliches Engagement für Bildung hat zwar eine lange Tradition, doch das Ausmaß, in dem es heute zu beobachten ist, ist neu. Die Zahlen des Freiwilligensurvey 2014 belegen diese Entwicklung ebenfalls. Immer mehr Menschen engagieren sich in Schulen oder in einem anderen bildungsbezogenen Kontext. Die Bedingungen für solches Engagement haben sich in der jüngsten Zeit verbessert. Schulen öffnen sich heute für andere Akteure. Eltern und außerschulische Bildungspartner werden in vielen Schulen selbstverständlich in den Schulalltag eingebunden. Die Aktivitäten der Eltern beschränken sich dabei längst nicht mehr auf die unterschiedlichen Formen der Elternvertretungen. Sie können sich heute vielerorts punktuell auch einbringen, etwa zur “Lesezeit”, bei der Schüler und Schülerinnen den Eltern vorlesen. Gleichzeitig arbeiten immer mehr Schulen mit Vereinen und anderen außerschulischen Anbietern von Freizeitangeboten zusammen.

Wunsch nach mehr Gestaltungsanspruch

Ohne die Unterstützung durch Eltern und Vereine wäre die Nachmittagsbetreuung in Ganztagsschulen nicht aufrechtzuerhalten, ohne die finanzielle Unterstützung von Fördervereinen die Infrastruktur von Schulen in einem desolaten Zustand, so die kritischen Stimmen. Doch in einer solchen “Lückenbüßerrolle” sehen sich viele der Organisationen, auch die meisten Fördervereine, nicht. Fördervereine haben in den vergangenen Jahren einen enormen Bedeutungszuwachs erfahren. Es gibt nur noch wenige Schulen und auch immer weniger Kindergärten, die heute nicht von einem Förderverein bei ihrer Arbeit begleitet werden. 130.000 Fördervereine gibt es in Deutschland. Das heißt, jeder fünfte eingetragene Verein ist ein Förderverein. 40  Prozent der Fördervereine sind im Bildungsbereich aktiv. Das sind mehr als 52.000 bildungsbezogene Fördervereine. Doch anders als meist angenommen, beschränkt sich ihre Arbeit längst nicht auf das Sammeln von Geld oder das Organisieren der Sommerfeste. Viele Fördervereine bieten eigene Bildungs- und Betreuungsangebote an, zum Teil auch jenseits von Schule und Kindergarten. Ein erwähnenswertes Beispiel ist der Förderverein ExperiMINTa in Frankfurt am Main, der seit 2011 das ScienceCenter ExperiMINTa betreibt. Mit viel ehrenamtlichem Engagement hat es sich zu einem der größten Museen Frankfurts entwickelt.

Vielfältige Bildungsbezüge von Vereinen

Auch zahlreiche andere Vereine, die nicht im unmittelbaren Umfeld von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen aktiv sind, weisen diverse Bildungsbezüge auf. 39 Prozent der Vereine bieten eine breite Palette unterschiedlichster Bildungsangebote, sowohl für ihre Mitglieder als auch für Externe an. Naturschutzvereine etwa betreiben als Träger von Naturschutzzentren und Lehrpfaden verschiedene Formen der Umweltbildung. Kulturvereine sind Träger von Orchestern, Chören, Tanz- und Theatergruppen und tragen zur kulturellen Bildung weiter Teile der Gesellschaft bei. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass viele der Vereine sich mit ihren Angeboten auch an Erwachsene richten. Damit schließen sie eine wichtige Lücke. Die meisten der staatlich organisierten Bildungsangebote richten sich vornehmlich an Kinder und Jugendliche oder an Erwachsene, die sich für den Arbeitsmarkt qualifizieren wollen. Ältere Menschen, die nicht mehr am Erwerbsleben teilhaben, bleiben daher oftmals außen vor. Vereine stehen jedoch meist allen Altersgruppen offen. Damit können sie als Brücke zwischen den Generationen wirken. Zudem bieten immer mehr Vereine seniorengerechte Angebote an, wie der Computer Club 50 plus in Nürnberg, der ältere Menschen in der Handhabe von Handys, Tablets und Computern schult. Durch digitale Kompetenzen wird so auch ein Stück gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.

Engagement bildet

Werden diese Bildungsbezüge – Handlungsfeld, Bildungsangebote und Förderverein im Bildungswesen – berücksichtigt, dann hat fast jede zweite gemeinnützige Organisation einen Bildungsbezug. Das sind 197.000 Organisationen, die meisten davon (94 Prozent) eingetragene Vereine, in denen sich fast 16 Millionen Menschen engagieren. Hierbei ist ein zentraler Faktor noch nicht einmal berücksichtigt: das Engagement. Denn ehrenamtliches Engagement setzt nicht nur oft ganz spezifische Qualifikationen voraus, Engagement ist ein Bildungsfaktor an sich. Durch Engagement werden Kompetenzen erworben, nicht selten gerade solche, die in klassischen Bildungseinrichtungen nicht im Vordergrund stehen. Gemeint sind personale Kompetenzen wie Teamgeist, Verantwortungs- und Demokratiebewusstsein. So gesehen sogar die meisten der 604.000 eingetragenen Vereine in Deutschland bildungsrelevant, denn die wenigsten kommen ohne die Arbeit ehrenamtlich Aktiver aus. Dennoch werden vor allem kleine, rein ehrenamtlich arbeitende Vereine noch viel zu selten in kommunale Bildungslandschaften eingebunden, wodurch wertvolle Potentiale ungenutzt bleiben.

Hier können Sie die Publikation herunterladen: https://www.ziviz.de/ziviz-survey/bildung

 



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