Inklusion als Aufgabe der beruflichen Bildung 3/5

Inklusion im Fokus des Nationalen Bildungsberichtes

„Menschen mit Behinderungen im Bildungssystem“ heißt das diesjährige Schwerpunktthema des Nationalen Bildungsberichtes.

Ausgehend von der unstrittigen Feststellung, dass bereits der Begriff „Behinderung“ definitorisch unklar ist und das allgemeine Verständnis von Behinderung zwischen personenbezogenem Merkmal und gesellschaftlich bedingter Barriere angesiedelt ist, stellt die Autorengruppe u. a. fest, dass die Unterschiedlichkeit und Vielfalt der diagnostischen Ansätze ein Problem darstellt, da sie zu wenig vergleichbaren Ergebnissen führt und in der Folge auch die Fördermaßnahmen höchst unterschiedlich ausfallen.

Eine weitere Barriere auf dem Weg zu einem inklusiveren Bildungssystem stellt die teils unübersichtliche Ressourcenverantwortung und -verteilung dar, die sowohl systemische als auch personenbezogene Zuweisungsverfahren beinhaltet, welche der Überarbeitung bedürfen, um besser auf das Ziel Inklusion ausgerichtet werden zu können.

Wenig Angebote in der beruflichen Bildung

Bezogen auf die berufliche Bildung konstatiert die Autorengruppe, dass sie bislang wenig inklusive Angebote vorhält. So soll die Ausbildung von Menschen mit Behinderungen in anerkannten Ausbildungsberufen Vorrang haben, tritt in der Realität allerdings hinter der Ausbildung in `Sonderberufen´ (nach §§ 66 BBiG/42m HwO) zurück. Diese `Sonderberufe´ wiederum bilden nur ein sehr eingeschränktes Berufespektrum ab und werden zudem nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt.

Dass dabei in Zeiten eines angespannten Ausbildungsstellenmarktes der Anteil der Verträge nach §§ 66 BBiG/§ 42m HwO deutlich angestiegen ist, zeigt, ebenso wie der rd. drei Mal so hohe Anteil an Neuverträgen in Sonderberufen in Ostdeutschland, wie relational der Begriff `Behinderung` ist und dass auch konjunkturelle Einflüsse die Diagnose von Behinderungen determinieren.

Für die berufliche Bildung sieht die Autorengruppe dreierlei Notwendigkeiten:

1. Bereitstellung von mehr vollqualifizierenden Berufsbildungsangeboten für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf

2. Sicherstellung der weiteren sonderpädagogischen Förderung auch im Ausbildungssystem

3. Für den Umgang mit Behinderung qualifiziertes Ausbildungspersonal

Zu einem Mehr an Ausbildung von Jugendlichen mit Behinderungen in dualer oder vollzeitschulischer Ausbildung soll dabei ein Zusammenführen von „Einrichtungen der Berufsbildungswerke“ und Ausbildungsinstitutionen der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe führen.

Fazit:

Die Bestandsaufnahme der Autorengruppe des Nationalen Bildungsberichtes zeigt, was schon die Initiative „Chance Ausbildung – jeder wird gebraucht!“ mehrfach deutlich formuliert hat: Inklusion in der beruflichen Bildung steht erst am Anfang. Bildungsbericht und die Initiative sind sich dabei weitgehend einig in ihrem Ziel, die notwendigen Voraussetzungen für Inklusion in der beruflichen Bildung aufzuzeigen. Während der Bildungsbericht sich dabei aber vor allem auf die bildungs- und sozialpolitischen Rahmenbedingungen bezieht, geht „Chance Ausbildung – jeder wird gebraucht!“ darüber hinaus, indem in den einzelnen Handlungsfeldern konkrete Forderungen aufgestellt und auch das Ausbildungssystem und seine curricularen Grundlagen in die Reformdiskussion einbezogen werden.



Kommentar verfassen