Integration von Flüchtlingen

Die große Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge aus den Krisenregionen der Welt stellt sowohl Politik und Behörden als auch die Zivilgesellschaft vor große Herausforderungen. Von großer Bedeutung wird – neben der Sicherung der Grundbedürfnisse – vor allem die Integration in Arbeit sein, die als ein wesentlicher Aspekt der gesellschaftlichen Integration anzusehen ist.

Wie aber kann die Integration von Flüchtlingen in Arbeit gelingen?

Auf einer Tagung der LAG Arbeit des Landes Hessen in der vergangenen Woche erzählte eine junge Frau aus Pakistan, die vor drei Jahren im Alter von 23 Jahren nach Deutschland geflüchtet war, von ihrem beruflichen Werdegang. In ihrer Heimat hatte sie studiert und einen Bachelorabschluss im Bereich Biologie erworben. Um in Deutschland in einem Labor arbeiten zu können, hat sie hier dann eine Ausbildung zur biologisch-technischen Assistentin absolviert. Deutsch zu erlernen sei für sie schon eine große Herausforderung gewesen und sie habe die Ausbildung auch deshalb geschafft, weil sie die Fachtexte teilweise Wort für Wort ins Englische übersetzt habe, um Begriffe zu verstehen und dann zu lernen.

Es war berührend, als sie sich nach ihren Schilderungen dafür bedankte, in Deutschland diese Chance bekommen zu haben. Die Moderatorin sprach allen Anwesenden aus dem Herzen, als sie sich stellvertretend auch bei der jungen Frau für ihr Engagement und ihren Integrationswillen bedankte und herausstellte, dass auch Deutschland sehr von ihr profitiere. Dieses positive Einzelschicksal macht Mut, stellt aber momentan nicht den Normalfall der Integration von Migranten, schon gar nicht von Flüchtlingen dar.

Studie zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen

Professor Dr. Dietrich Thränhardt hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung dazu kürzlich eine Studie herausgebracht, die sehr prägnant beschreibt, woran eine schnelle Arbeitsintegration bislang scheitert und was konkret zu tun ist, um diese Situation zu ändern. Haupthindernisse sind demnach vor allem die lange Asylverfahrensdauer und die damit verbundene meist ungenutzte Wartezeit für Asylsuchende.

Für den einzelnen Menschen ist zudem als wichtigste Voraussetzung für Integration der Spracherwerb zu sehen. Ohne gemeinsame Sprache ist Integration nicht denkbar. Aber auch wenn alle Experten sich darüber einig sind, dass Asylsuchende so schnell wie möglich die Chance auf Teilnahme an Sprachkursen haben sollten, gibt es derzeit weder genug passende noch eine ausreichende Zahl an Angeboten. Auch der Zugang zu den unterschiedlichen Sprachkursen birgt manche Hürde.

Die vorrangige Bearbeitung von Asylgesuchen von Menschen aus Ländern wie Syrien oder Eritrea, bei denen man davon ausgeht, dass der größte Teil der Asylanträge positiv beschieden wird, bringt für diese Personengruppen eine deutlich verkürzte Wartezeit. Sie führt aber auch dazu, dass Asylsuchende aus anderen Ländern teilweise Wartezeiten von über einem halben Jahr haben, bis sie überhaupt einen Antrag auf Asyl stellen können. Und erst mit der Antragstellung beginnt die Wartefrist von drei Monaten, nach der ein Zugang zum Arbeitsmarkt möglich wird. In den meisten Fällen ist bis zur Antragstellung auch ein Zugang zu Sprachkursen verwehrt – aus bürokratischer Sicht verständlich, für die Betroffenen aber eine große Belastung und auch gesellschaftlich problematisch.

Wenn bis zum Ende des Jahres rund eine Million Asylsuchende in Deutschland angekommen sein werden, dann ist jedem klar, dass die mit dieser Zahl verbundenen Aufgaben enorme Herausforderungen darstellen, die nur im Verbund von öffentlichen, ehrenamtlichen und gemeinnützigen Akteuren zu bewältigen sein werden. Das bedeutet auch, dass Kooperationen überlegt und entwickelt werden (müssen), die es bislang so noch nicht gegeben hat. Neben all den unbestreitbaren Schwierigkeiten und Problemen kann dies auch eine Chance zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft darstellen, neue Formen der Zusammenarbeit von Zivilgesellschaft und Staat zu etablieren.

Zum Thema Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt berichtet auch unsere Kollegin Monika Fischer:
http://blog.aus-und-weiterbildung.eu/integration-von-fluechtlingen-ermoeglichen-wie-ehrenamtliche-dazu-beitragen-dass-aus-einer-willkommenskultur-eine-kultur-des-miteinanders-wird-14/



Kommentare

  1. / von conny loggo

    Von 5007 Syrern haben 3705 (74,0 Prozent) gerade einmal eine Pflichtschulausbildung. Eine mittlere, höhere oder Lehrausbildung können gerade einmal 727 Personen (14,5 Prozent) vorweisen. Eine akademische Ausbildung noch 356 Personen (7,1 Prozent). Bei den 4221 Afghanen sieht es noch düsterer aus. 3898 von ihnen (92,3 Prozent) haben gerade einmal ein Pflichtschulausbildung. Eine bessere Ausbildung können 201 Personen (4,8 Prozent) vorweisen. Bedenkt man noch das fehlende Sprachwissen, wird es dann eng.

  2. / von helping hand

    Woher kommen denn die Zahlen, conny loggo?

    Kommt mir ein bisschen spanisch vor, dass man einfach so detaillierte Daten angeben kann angesichts der Unüberschaubarkeit der ganzen stattfindenden Flüchtlingsbewegungen. Ausgerechnet 5007 Syrer? Wer gibt denn solche Zahlen aus?

    (Wenn die Zahlen aus der oben verlinkten Studie stammen, nehme ich übrigens diese auf Skepsis beruhende VOrhaltung sofort wieder zurück und entschuldige mich; die Studie kann ich mir erst heute Abend ansehn)

    Man verstehe mich nicht falsch: Ich bin selbst der Meinung, dass in der Frage der Flüchtlingsaufnahme und der Verteilung eine Lösung gefunden werden muss, die das völlig wahllose Einwandern zumindest in gewisse Bahnen lenkt, die für die Bürokratie, die polizeilichen Behörden und die praktische Logistik beherrschbar(er) werden. Auch ist wahrscheinlich kein guter Zustand, dass bisher fast Deutschland allein diese Last auf ihre Schulter nimmt (eine Asylsuchende soll vor kurzem ihr Kind aus Dank „Angela Merkel“ getauft haben, brrr) – hier sollte die europäische Gemeinschaft mehr Solidarität beweisen und auf Lastenverteilung (Fairteilung praktisch) setzen.

    Das aber ist eine Aufgabe für die nähere und weitere Zukunft. In der aktuellen Situation scheint es mir vor allem die triftige Herausforderung zu sein, die oben genannten (Brenn-)Punkte zu entschärfen. Was auch immer „integrationswillig“ heißen mag, fest steht, dass die Flüchtlinge überwiegend recht normale Leute sein dürften, mit individuellen Talenten und Fähigkeiten. Und diese zu entwickeln oder anzuwenden, muss man ihnen, zusammen mit der Möglichkeit des Sprache Erlernens, die Chance geben. Möglichkeiten gibt es genug. Ich habe schon von Unis gelesen, wo Studenten Sprachkurse mit Flüchtlingen durchführen. Und wenn die Sprache erst einmal beherrscht wird, kann man sich unterschiedlichste Möglichkeiten der Bildung denken. Ob Studium oder ein Angebot wie eine freie Weiterbildung (ich habe das Beispiel gewählt, weil ich es kenne und weil es so stellvertretend für solche ANgebote betont, dass es absolut zeit- und ortsunabhängig sei; natürlich ließen sich vergleichbare Angebote finden) wobei es natürlich die Möglichkeit einer fairen Refinanzierung geben müsste. Aber für Studenten konnte sich ja auch ein Zuschusssystem etablieren, warum sollte so etwas nicht auch für Flüchtlinge gehen?

    Wichtig erscheint mir, dass man nach Lösungen sucht, die nicht die meisten Flüchtlinge nach den oben gesehenen statistischen Zahlen bewertet, ihnen also vorweg unterstellt, keine „mittlere, höhere oder Lehrausbildung“ vorweisen zu können. Vielmehr sollte erstmal jeder die Chance erhalten, sich zu profilieren – und je nach, ja von mir aus, Willigkeit, lassen sich dann im Einzelnen weitere Schritte wie das „zurückschicken“ überlegen. Aber eben erst nach der Chance.

    Aber vermutlich bin ich zu blauäugig. Oder zu wenig in der Materie. Und darf das gar nicht beurteilen (was sich dann aber auch viele andere selbsternannte Flüchtlingsexperten mal sagen sollten…)

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