Öffentliche Weiterbildungsfinanzierung sinkt auf Tiefstand

Die Weiterbildungsteilnahme stagniert seit ca. 20 Jahren und das bei steigendem Bedarf. Das Problem ist bekannt und so betont die Politik seit Jahren die Wichtigkeit des Lebenslangen Lernens. Aber lässt sie ihren eigenen Worten auch Taten folgen?

Die defizitäre Datenlage über Ausgaben und Kosten für Weiterbildung in Deutschland erlaubt nur eine unvollständige Betrachtung. Schätzungsweise flossen  insgesamt vierzehn Prozent (27 Mrd. Euro) aller privaten und öffentlichen Bildungsausgaben im Jahr 2012 in das lebenslange Lernen (Walter 2015). Betrachten wir das Engagement der öffentlichen Hand getrennt so zeigt sich: Die Bekenntnisse zur steigenden Wichtigkeit des lebenslangen Lernens spiegeln sich nicht in den Zahlen zu öffentlichen Bildungsausgaben wieder.

Weiterbildung ist das Stiefkind der öffentlichten BildungsfinanzierungDie Weiterbildung ist zum Stiefkind der öffentlichen Bildungsausgaben geworden. In keinen Bildungsbereich investiert die öffentliche Hand weniger. Wenn man die Entwicklung genauer betrachtet ist das Bild noch dramatischer. In allen anderen Bildungsbereichen hat in den letzten 20 Jahren eine wichtige und substantielle Bildungsexpansion stattgefunden: Die Ausgaben im allgemeinbildenden Bereich sind Dank erster Bemühungen zum Ausbau des Ganztags um mehr als ein Drittel gestiegen  jene im frühkindlichen Bereich (Ü3) in Folge des KiTa-Ausbau sogar um knapp zwei Drittel. Auch die öffentlichen Ausgaben im Hochschulbereich sind mit stark steigenden Studierendenzahlen und Investititionen in die Exzellenzinitiative um knapp zwei Drittel gestiegen. Die Ausgaben in der beruflichen Bildung stiegen um nahezu drei Viertel.

Im starken Kontrast zu diesen Zuwächsen steht der Einbruch der öffentlichen Finanzierung der Weiterbildung um 41 Prozent. Während 1995 die Ausgaben für Weiterbildung noch 12,4 Prozent aller öffentlichen Bildungsausgaben umfassten, waren es 2012 nur noch 5,3 Prozent. Zudem ist die öffentliche Weiterbildungsförderung in Deutschland weitestgehend projekt- bzw. programmfinanziert. Im  Gegensatz zu den anderen Bildungsbereichen mangelt es also an einer soliden Grundfinanzierung.

Dass Weiterbildungsteilnehmer und Betriebe einspringen, um den Rückgang der öffentlichen Weiterbildungsfinanzierung zu kompensieren, und wer dabei auf der Strecke bleibt erläutere ich anhand unserer aktuellen Studie in einem Video auf unserer Website sowie in zwei weiteren Blogbeiträgen in den nächsten Wochen.

Over und Out.



Kommentare

  1. / von Hedwig Seipel

    Fast 70% der Weiterbildung macht die unternehmerische bzw. betriebliche Weiterbildung aus. Das Umsatzvolumen der Branche beträgt deutlich über 1,2 Mrd. Euro und wird privatwirtschaftlich finanziert. Öffentliche Finanzierungen spielen in dem Bereich keine bedeutende Rolle. Schade, weil damit die Inseln der einzelnen Bildungsbereiche (Schule, Hochschule etc.) immer mehr auseinander triften.

  2. / von Martin Noack

    In der Tat lohnt sich ein genauerer Blick auf die betriebliche Weiterbildung: Die sehr begrenzte öffentliche Finanzierung in diesem Bereich spiegelt sich denn auch in besonders dramatischen Teilnahmeunterschieden zwischen Geringqualifizierten und Höherqualifizierten wieder.

    Nehmen in 2014 laut Adult Education Survey (AES) immerhin 39 % der Menschen ohne Berufsabschluss an Weiterbildung insgesamt teil (vs. 2/3 der Techniker, Meister und Akademiker) so sinkt die Teilnahmequote auf 22% (vs. 48% (Akademiker) und 58% (Techniker/Meister)) wenn man ausschließlich die betriebliche Weiterbildung betrachtet.

    Gerade für Menschen ohne Berufsabschluss sollte die öffentliche Hand sich also mehr engagieren. Auch und gerade in der betrieblichen Weiterbildung!

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