Stärkere Kooperation zwischen Berufsbildungs- und Hochschulpolitik – Forderungen zur Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung Teil 5/5

Warum eine stärkere Kooperation zwischen Berufsbildungs- und Hochschulpolitik dringend notwendig ist

Viele junge Menschen wollen sich nicht zwischen Ausbildung und Studium entscheiden sondern beides verbinden. Entweder indem sie erst eine Ausbildung absolvieren und im Anschluss ein Studium draufsatteln, oder aber indem sie sich direkt für ein ausbildungsintegrierendes duales Studium entscheiden. Außerdem gibt es viele junge Menschen, die ihr Studium abbrechen, um in die Ausbildung zu wechseln oder umgekehrt. Solche „Grenzgänger“ werden vor Hindernisse gestellt: Denn auch wenn es sich um den „nachschulischen Bildungsbereich“ handelt, handelt es sich nicht um ein „nachschulisches System“. Obwohl es in den letzten Jahren viele Bemühungen gab, die im jeweils anderen System erbrachten Leistungen wechselseitig anzuerkennen, gibt es hierfür kaum einheitliche Reglungen. So ist es z. B. häufig der Fall, dass jemand mit einer kaufmännischen Ausbildung beim Wechsel an die Hochschule den Kurs „Rechnungswesen“ erneut belegen muss und so unnötig wiederholt.

Zudem ist in den letzten Jahren ein wachsender Überschneidungsbereich zwischen beruflicher und akademischer Bildung entstanden: Hochschulen bieten stark beruflich orientierte Studiengänge an, während bei einigen gewerblich-technischen Ausbildungsgängen die Theorie immer anspruchsvoller wird. Bislang gibt es in diesem Überschneidungsbereich jedoch keine bildungspolitische Abstimmung zwischen Hochschul- und Berufsbildungspolitik.

Berufsbildungs- und Hochschulpolitik – zwei getrennte Bereiche

Traditionell sind berufliche und akademische Bildung in Deutschland zwei weitgehend getrennte Segmente. Die Trennung zeigt sich in unterschiedlichen Bildungskulturen (beruflich-praktisch vs. akademisch-wissenschaftlich), Organisationsformen und Zertifizierungssystemen. Sie wird jedoch auch in der Trennung der bildungspolitischen Institutionen und Zuständigkeiten sichtbar: Auf Bundesebene sind im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zwei getrennte Abteilungen für Hochschul- und Berufsbildungspolitik zuständig. Ein Blick auf die Ebene der Bundesländer zeigt ähnliches: Während die Wissenschaftsministerien für die Landeshochschulpolitik zuständig sind, wird die Berufsbildung durch Kultus-, Arbeits- und Wirtschaftsministerien mit ihrer arbeitsteiligen Zuständigkeit gestaltet. Nur in wenigen Bundesländern wurden Kultus- und Wissenschaftsministerien zusammengelegt. Doch auch hier besteht die Trennung dann zwischen den entsprechenden Abteilungen. Problematisch wird die Trennung zwischen Berufsbildungs- und Hochschulpolitik dann, wenn sie auf die Wünsche und Bedürfnisse von Menschen trifft. Denn diese planen ihre Bildungswege selten entlang politischer Zuständigkeiten.

Was getan werden muss um Berufsbildungs- und Hochschulpolitik zusammenzudenken

Berufs- und Hochschulbildung müssen besser miteinander verbunden werden. Damit dies gelingt braucht es intensivere Formen der Abstimmung zwischen den politisch verantwortlichen Akteuren auf Bundesebene. Dies gilt auch für die institutionellen Akteure aus dem bildungspolitischen Umfeld. Stakeholder der Berufsbildung wie Arbeitgeber, Gewerkschaften, Kammern und Verbände engagieren sich zwar auch in der Hochschulbildung, aber nicht alle in enger Abstimmung der einzelnen Bereiche. Gleiches gilt für die Institutionen und Verbände der Hochschulpolitik in Bezug auf die Berufsbildung. Hoffnung macht hier das Gutachten des Wissenschaftsrates zur Gestaltung des Verhältnisses von beruflicher und akademischer Bildung.

Obwohl sich Hochschul- und berufliche Bildung in vielen Bereichen überlappen und sich hybride Bildungsgänge wie das duale Studium zwischen Berufs- und Hochschulbildung ausweiten, gibt es in Deutschland bislang keine integrierte Reformstrategie. Dabei ähneln sich die Reformdiskussionen auf beiden Seiten: von der bloßen Wissensvermittlung hin zur Kompetenzorientierung, Unterteilung der Ausbildung in kleinere Einheiten, Verringerung von Abbrüchen. Behandelt werden diese aber ohne Bezug aufeinander. Für ein Miteinander ist es notwendig, die bildungspolitischen Aufgaben und Zuständigkeiten im Überschneidungsbereich zwischen Hochschulbildung und Berufsbildung genau zu definieren und institutionell zu verankern. Nur so lassen sich die Potenziale einer Verzahnung von Berufs- und Hochschulbildung optimal ausschöpfen. Und nur so kann es gelingen „Grenzgängern“ den Übergang zu erleichtern und diese nicht vor unnötige Hürden zu stellen.

Die Initiative „Chance Ausbildung – jeder wird gebraucht!“, bestehend aus elf Ministerien aus acht Bundesländern und der Bundesagentur für Arbeit sowie die Bertelsmann Stiftung, setzt sich für eine stärkere Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung ein. Um diese zu verwirklichen, hat die Initiative gemeinsam ein Positionspapier veröffentlicht. Das Positionspapier der Initiative „Chance Ausbildung – jeder wird gebraucht!“ sowie weitere Informationen und Publikationen zum Thema finden Sie hier.

Beitragsreihe zu den Forderungen der Initiative „Chance Ausbildung“ zur Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung



Kommentare

  1. / von Nordisch

    wie wäre es mit Übernahme des schottischen Bildungsystems, statt den Schotten das eigene Unflexible aufzuschwatzen ??

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