Trotz Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt: Hauptschüler haben es (weiterhin) schwer

Sie bleiben die Sorgenkinder auf dem Ausbildungsmarkt: Jugendliche, die maximal über einen Hauptschulabschluss verfügen. Auch in Zeiten von Rekordbeschäftigung, geburtenschwachen Jahrgängen und Nachwuchsmangel in etlichen Branchen startet nur knapp jeder Zweite von ihnen direkt nach der Schule eine Lehre. Wenn sich – bei diesen äußerst günstigen Rahmenbedingungen – für Schüler mit maximal Hauptschulabschluss noch nicht einmal eine 50-Prozent-Chance auf einen Ausbildungsplatz biete: Was wird aus den Hauptschülern in konjunkturell schlechteren Zeiten oder wenn geburtenstarke Jahrgänge die Schulen verlassen?

Wie sich in Zukunft die Chancen für Jugendliche entwickeln, dazu können die Trends in den Stadtstaaten wichtige Hinweise liefern. Vor allem Hamburg und Berlin gelten den Autoren des Ländermonitors berufliche Bildung 2017 als eine Art Prototyp künftiger Arbeitsmärkte. Viele gesamtdeutsche Entwicklungen finden dort früher statt als in den großen Flächenländern. Die Chancen auf Teilhabe an der Berufsausbildung entwickeln sich trotz einiger Hoffnungsschimmer nicht gut für jene Hamburger und Berliner, die mit höchstens einem Hauptschulabschluss auf den Ausbildungsmarkt drängen.

Trend: Lieber ungelernte Hilfskräfte einstellen als Fachkräfte ausbilden

Zum einen gehen in der stark durch moderne Dienstleistungen geprägten Wirtschaft der Stadtstaaten die anspruchsvolleren Berufsausbildungen fast ausschließlich an Bewerber mit mittlerer Reife oder Abitur. Den Zugang zu Berufen mit guten Entwicklungsperspektiven, etwa im gewerblich-technischen oder medizinischen Bereich, schaffen in den östlichen Bundesländern immerhin noch 25 Prozent der Jugendlichen mit maximal Hauptschulabschluss. In Hamburg und Berlin ist der Anteil nahe null.

Zum anderen bauen paradoxerweise gerade diese Branchen in den Stadtstaaten Ausbildungsplätze ab. Bundesweit suchen Ernährungshandwerk, Hotel- und Gaststätten- oder Baugewerbe händeringend nach Azubis und viele Lehrstellen bleiben offen. Nicht so in Hamburg und Berlin. Dort ist – anders als im Rest der Republik – etwa in Ernährungshandwerks- und Gastronomieberufen die Nachfrage höher als das Angebot an Lehrstellen. Das legt den Schluss nahe: Die Betriebe in den Stadtstaaten setzen stärker auf an- und ungelernte Arbeitskräfte als auf die Ausbildung des eigenen Nachwuchses. Offenbar werden genau jene Ausbildungsplätze verknappt, die bisher besonders für Jugendliche mit maximal Hauptschulabschluss offen standen. Wenn diese Tendenz sich in allen Bundesländern zeigte, würde der Ausbildungsmarkt für diese Gruppen noch enger.

Staatliche Ausbildungsgarantie böte Perspektiven

Auch die Berufe, die vollzeitschulisch ausgebildet werden, sind für Jugendliche mit maximal Hauptschulabschluss kaum eine Option. Zwar legt diese zweite Säule der Berufsausbildung zahlenmäßig zu, – anders als das duale System. Die vollzeitschulisch angebotenen Ausbildungsgänge jedoch beschränken sich immer stärker auf Gesundheits-, Pflege- und Erziehungsberufe. Im Osten machen diese drei Berufsgruppen schon mehr als 90 Prozent des Gesamtangebots aus. Und diese Ausbildungen sehen in der Regel als Zugangsvoraussetzung mindestens einen mittleren Schulabschluss vor.

Keine rosigen Aussichten für Hauptschüler. Eine Berufsausbildung ist aber ein entscheidender Faktor für die Teilhabe am Arbeitsleben. Deshalb fordert etwa die Bertelsmann Stiftung eine Ausbildungsgarantie. Jeder Jugendliche soll die Möglichkeit erhalten, einen anerkannten Beruf zu erlernen – am besten im Betrieb, ansonsten in staatlich organisierten Ausbildungsgängen. Neben den Geflüchteten  und den Jugendlichen mit Behinderung sind die Jugendlichen mit maximal Hauptschulabschluss die Gruppe, die davon am meisten profitieren könnte.

Unterstützung und Begleitung im Ausbildungsverlauf

Dass es mit einer – ohnehin schon schwierigen – höheren Vermittlungsquote in eine Ausbildung nicht getan sein könnte, darauf deutet ebenfalls eine Hamburger Entwicklung hin. Durch eine konsequente Reform des Übergangssystems und eine bessere Berufsvorbereitung hat die Freie Hansestadt den Anteil der Jugendlichen mit maximal Hauptschulabschluss, die eine Lehre in einem Betrieb beginnen, erheblich steigern können. Immerhin fast jeder zweite schafft mittlerweile den Sprung ins duale System. Das ist ein beachtlicher Erfolg.

Jedoch ist zugleich die Quote der Verträge überproportional gestiegen, die vor Ausbildungsabschluss gekündigt werden. In Hamburg finden 28,5 Prozent der Ausbildungen (im Handwerk und den freien Berufen sogar mehr als 40 Prozent) ein vorzeitiges Ende, mehr als in jedem anderen westdeutschen Bundesland. Vieles spricht dafür, dass Jugendliche mit maximal Hauptschulabschluss nicht nur bei Vorbereitung und Einstieg in Ausbildung, sondern auch während ihrer Lehre zusätzliche Unterstützung und Begleitung benötigen.



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