Duale Ausbildung in Schottland

Kürzlich war ich in Glasgow eingeladen zu einem Symposium des Skills Development Scotland (SDS). Die ganze Tagung drehte sich darum, wie man mehr Elemente der Lehrlingsausbildung bzw. des dualen Systems in das schottische Bildungssystem einführen kann. In mehreren Vorträgen und Diskussionsrunden stellten Personalverantwortliche von Unternehmen ihre Erfahrung mit Lehrlingsausbildung dar, Politik und Verwaltung formulierten Unterstützungsangebote und in den Pausen standen „echte“ Lehrlinge zu Fragen und Gesprächen bereit.

Ich war eingeladen worden, um zum einen etwas über das in Schottland bewunderte duale Ausbildungssystem in Deutschland zu erzählen, zum anderen um darüber zu berichten, welche neueren Entwicklungen es auch hier in Deutschland zum Beispiel bezüglich der Dualisierung der akademischen Bildung gibt. An den vielen Nachfragen aus dem Publikum war ablesbar, wie ernsthaft das Reforminteresse in Schottland ist. Die Charts meines Vortrags sind beigefügt.

Wenngleich das deutsche Modell der dualen Ausbildung das Vorbild ist, ist man in Schottland von einem 1:1-Transfer weit entfernt: Es gibt keine landesweit einheitlichen Berufsabschlüsse, auch keine allgemein verbindlichen Qualitätskriterien oder gar Prüfungsverfahren. Dennoch kann und sollte es auch nicht das Ziel sein, das deutsche – oder schweizerische – System zu kopieren. Pragmatischer und zielführender ist es, an dem Bestehenden anzusetzen und das eigene System Stück für Stück weiter zu entwickeln. The best place to start a journey is from where you are.



Kommentare

  1. / von Nordisch

    das schottische Bildungssystem ist viel besser als das Deutsche, es ist viel systematischer organisiert mit einem Stufenmodell — Certificate — Diplomas – Bachelor usw…. es gibt Kurzausbildungen, längere Ausbildungen …. solche Systeme sind viel flexibler und zeitgleich systematischer — in Schottland dürfte es so sein, wie in den anderen angelsächsischen ländern — d.h. alles ist mit Credit points belegt und anrechenbar für die nächste Stufe!!!

    das ist in DE – je nach Beruf – ja überhaupt nicht der Fall… hier fängt man teilweise immer wieder bei Null an, nichts ist anrechenbar und nichts akkumulierbar , was soll man daran gut finden???

    andere Bildungssysteme, auch das in UK sind doch viel Berufswechselfreundlicher, Quereinsteigerfreundlicher und Offener

    wir hatten hier Berufsschüler Tischler in Cambridge zu Besuch am College, die „Students“ berichteten nur positiv darüber, unter anderem wurde gesagt:

    “ es wird dort viel Geld investiert, mehr als in DE in das College, in DE Gammelniveau

    Aussage 2:“ es ist viel flexibler, man kann immer im laufenden Jahr mit Ausbildung starten“

    Aussage 3 „die Integration Behinderter ist ja toll, das geht wie automatisch, werden behandelt wie ide anderen Schüler“

    das sind Aussagen deutscher Beurfssschüler im Austausch mit Cambridge…..

    im Umkehrschluss heißt das , in DEU:

    1. sind die Berufsschulen gammeliger, es wird kaum investiert
    2. ist das System unflexibler
    3. werden Behinderte schlechter integriert

    ergänzen muss man noch folgendes: in UK ist ein Abschluss kein „Lebensberuf“ , sondern immer ergänzbar, leichter wechselbar, darauf aufbauend, offen bis Bachelor und Master z.B. Timber Management, usw…..

    1. / von Clemens Wieland
      zu

      Vielen Dank für diese ausführliche Kommentierung! Was die Reformbedürftigkeit des deutschen Systems betrifft, so stimme ich in vielen Punkten zu – deshalb haben wir uns als Bertelsmann Stiftung ja gerade diese Reformerfordernisse im deutschen Ausbildungssystem zum Thema gemacht (vgl. z.B. die Veröffentlichungen unter http://www.chance-ausbildung.de).
      Die Frage, warum nun die Schotten Interesse an dualen Ausbildungssystemen (nicht nur deutschen) haben, können diese wahrscheinlich besser beantworten als ich es kann. Mein Eindruck war, dass dort weniger ein Interesse an einer Kopie des deutschen Systems besteht, sondern vielmehr an der Dualisierung im Sinne einer systematischen Koppelung ihres Ausbildungssystems an den Arbeitsmarkt. In diesem Sinne habe ich ja auch formuliert: „Pragmatischer und zielführender ist es, an dem Bestehenden anzusetzen und das eigene System Stück für Stück weiter zu entwickeln. The best place to start a journey is from where you are.“ Und das gilt für Schottland wie auch für Deutschland.

  2. / von Nordisch

    warum soll man sich ein altmodisches System als Vorbild nehmen??? Das System DEU dual bekommt in der Automatisierung und Digitalisierung massiv Probleme , ich behaupte, sie sind jetzt schon da

    es ffehlt in DE komplett das lebenslange Lernen! das gibt es in DE kulturbedingt und systembedingt nicht, das sind ganz viele Kleinigkeiten die darauf hindeuten, würde hier den Rahmen sprengen, weil man ein ganzes Buch darüber schreiben könnte

    es fängt damit an, dass die Systeme lose ohne Bezug zueinander bestehen, es ist tw. nicht mal zugesichert, das irgendwelche Vorausbildungen, andere Ausbildungen anrechenbar sind, mir sagte das letztens ein Altenpfleger, das ja nicht mal seine Pflegehelferausbildung anerkannt wird, anderswo ist das Modular strukturiert, d.h. es würden alle Pflegemodule wie Grundpflege etc… schon viel stärker anerkannt werden können

    Bsp. Australien, SChottland ist sicher ähnlich:

    Certifcate Nurse, max. 1 Jahr, dann käme Higher Diploma nach 2 Jahren und nach 3 Jahren hat man dann Bachelor in Nursing Science

    alles anrechenbar und durchgestuft, keine Vergeudung von Zeit — viel flexibler, idealerweise solte man auch von anderen Berufen bei Quereinstieg tw. was anerkennen, wird auch tw. gemacht. Z.b. sind Studienmodule auch so verschnitten, das die für andere Programme anerkannt werden können, z.B. Wechsel von Biobachelor zu Nursing usw….

    Flexibel eben

    in DE gibt es Berufe, da wird gar nichts an Vorerfahrung anerkannt!

    zumdem ist das System in DE teilweise Bildungsdiskriminierend, laut eines Berufspädagogen wird das Recht auf Bildung nicht eingehalten, und derjenige hat RECHT :

    Denn wenn es in DE Berufe gibt, wo tw. nicht mal garantiert ist, auhc nur EIN OFFEN zugängliches Angebot zu finden, dann besteht kein Access zur Higher Education (darunter würde auch further education fallen)

    manche Berufe in DE sind wie Gefängnisse konzipiert, da kannst dich nicht mit weiterbilden , da es kein offenes Angebot gibt, wo gibt es denn in anderen ländern so was??? In DE werden die dann ausgebildet wie Leibeigene der Betriebe , hat sich wohl nie jemand Gedanken drüber gemacht, ich finde sowas unmöglich.

  3. / von Nordisch

    die allgemeinbildenden Inhalte dualer Ausbildung befinden sich aktuell auf dem Niveau der Volksschule des 18. Jahhrhunderts – weil das nie reformiert wurde, alles baut auf Hauptschule auf

    haben sie sich mal die Apprenticeships in England angesehen?

    level 2,3 und 4 …. ??

    die sind alle immer weiterführend und offen bis ins Studium
    Level 2 Jugendausbildung mit Abitur /A Level, weiterführend strukturiert
    Level 3 und 4 Erwachsenenausbildung, oft schon anrechenbar für ein Studium bzw. tw. schon parallel mit Bachelor

    alles viel systematischer als das duale System in DEU

    was sollen die sich ein rückschrittlicheres System importieren? Deren System ist weiterführender , systematischer, integrativer

    das duale System in DE verharrt allein schon bei Allgemeinbildung auf Volksschule 18. Jahrhundert, nahezu unrefomiert — bisschen Lesen, Schreiben, Religion ….

    nichts ist weiteführend, das Bildungssystem baut nicht stufenweise aufeinander auf, es wird massiv Lebenszeit vergeudet, der Zugang zur Fort/Weiter/Umschulung und Higher Education ist nicht sichergestellt usw….

    man kann über Studiengebühren pöbeln noch und nöcher, aber das System in DE empfinde ich im internationalen Vergleich auch als Zumutung und Rückständigkeit , hier wird man fr lebenslängliche Berufe ausgebildet …. die man nie wieder verlassen soll, nur Jugendzentriert, Erwachsenenbildung nicht ausgebaut usw…..

    nicht mal Fortbildungsmöglichkeiten für manche Berufe …..

    soll ich mal konkrete Bsp. bringen???? DE hätte Colleges ausbauen sollen wie andere länder mit regionalem Vollangebot….

    es fehlen regional massiv Bildungsangebote, für manchen Beruf hat es 12 Jahre gedauert auch nur EINE Aufstiegsfortbildung zu kreiieren und bundesweit gibt es dann nur EINE — eine Anpassung an den Arbeitsmarkt, Strukturwandel dort, Schweinezyklen ist in DE gar nicht möglich, ist der Beruf nicht mehr gefragt, hat man in DE Pech gehabt, wobei es auch noch viel zu verengt und überspezialisiert hier ist, DE erfindet Berufe, die es weltweit nicht so übertrieben überspezialisiert gibt.

  4. / von Nordisch

    ich erklär das mal an dem Beispielberuf hier:

    https://www.hna.de/kassel/ausbildung-gericht-spielen-arbeitsplatz-2485631.html

    https://www.hna.de/kassel/ausbildung-gericht-spielen-arbeitsplatz-2485631.html#idAnchComments

    wir sehen hier den total überspezialisierten Beruf
    „Fachangestellte/ im Endeffekt Bürokauffrau nur für Amtsgerichte“

    Amtsgerichte gibt es maximal in Mittelzentren gerade mal eines pro ca 200 000 Einw….

    Hier am Amtsgericht wird gerade „über Bedarf“ ausgebildet, für einen hochspezialisierten Beruf, der eigentlich v.a. für „Amtsgerichte“ nur ist.
    Mit 100 Azubis hat man viel zu viele genommen, weil man eigentlich nur den Mangel an Ausbildungsplätzen mit „Ausbildung über Bedarf“ behebt, die meisten müssen direkt nach der Fachausbildung nur für „Amtsgerichte“ wieder gehen (im Endeffekt ist das eine stinknormale Bürokauffrau)
    Wieder einmal hat es niemand für nötig gehalten hier DIREKT in der Ausbildung einen weiterführenden Schulabschluss mitzugeben, obwolh man ja weiß, das man die eh über Bedarf ausbildet….

    das Resultat liest man in den Kommentaren „viele gehen dann nach Ausbildung noch mal zur Schule, studieren oder ähnliches, also wird mal wieder Lebenszeit vergeudet…..

    also wenn man schon über Bedarf ausbildet, dann kann man ja WENIGSTENS Ausbildungen weiterbildend gestalten, d.h. MIT weiterführendem A- Level wie im Ausland ….. stufenweise aufbauend halt…. außerdem wären anderswo Teile der Ausbildung bereits anerkennungsfähig für höhere Bildungsgänge, z.B. Module anrechenbar für andere Bachelorabschlüsse….

  5. / von Nordisch

    das Bachelor-Master-System wurde in DE auch noch nicht richtig umgesetzt — Flexibilität, Berufsoffenheit, Wechselmöglichkeiten….. all sowas macht angesichts technischen Fortschritt in allen Bildungssegmenten mehr Sinn, daher sollte auch die Berufsausbildung berufsoffener sein, statt die Art wie in DE ausgebildet wird – einmalig in der „Jugend“ erlernte lebenslänglicher Beruf, oft nur eine oder NICHT mal EINE offene konsekutive Fortbildung, aber auch nicht konsekutive Fortbildung zu schwach entwickelt.

    ich hab da einfach ein anderes Bildungsideal …

    überlegen sie doch mal, was dann die Bürokauffrau nur für Amtsgerichte für offene Fortbildungsmöglichkeiten konsekutiv hat

    so gut wie keine! Nur der Arbeitgeber in dem Bereich diktiert , ob sich das Individuum nach seinem Gutdünken fortbilden kann oder nicht, es gibt kein nachfragebasiertes offenes Angebot für die! Das kommt noch erschwerend bei dem Bsp. hinzu, es ist ein Sackgassenberuf für die meisten, das Recht auf Bildung wird damit nicht eingehalten… da nicht konsekutive Angebote auch selten sind in DE

    meist Ein Beruf – nur eine fachhspezifische Fortbildung…. über den eigenen Tellerrand hinaus doch gar nichts oftmals… ist alles viel zu unsystematisch und nicht berufsoffen in DE — ein Strukturwandel und die Qualifikation ist futsch…

    und nur 10% machen Aufstiegsfortbildung, dh. das das Abschlussniveau der meisten stagnieert auf einmal erlernter Erstausbildung, wg. Unterangeboten in der Bildung, DE hat viel zu wenig offene Angebote….

    in Schottland gibt es Quereinsteigermaster, anrechenbare Lehrgänge

    würde mich nicht wundern, wenn selbst jede Anpassungsfortbildung Credits hat, die man zu Abschlüssen ergänzen kann…

    in DE sollte jede Art Weiterbildung auch Credit Points enthalten und Beurfe sollten über Berufsgrenzen hinaus wechselbar sein…. weil die Berufe eh zu überspezialisiert hier sind und zu eng geschnitten

    in DE behindert man auch Bildungsaufstiege und bessere Verdienstmöglichkeiten so…

    es gibt hier wenige nicht konsekutive Weiterbildungen, da bestimmt eine Kammer, das man erst 8 Jahre (davon 5 einschlägig) arbeiten muss, um Zugang zu einer Aufstiegsfortbildung zu erhalten – sowas gibt es weltweit nicht, anderswo sollen Bildungssysteme zügig durchschritten werden können

    warum soll man sich Unflexible Systeme importieren?

  6. / von Nordisch

    und ein weiteres Problem ist, das die Qualifizierung eben auf dem mittlerem Niveau belassen wird, während sich Berufe im Endeffekt Richtung höhere Niveaus bewegen…. ein gutes Bsp. ist die Altenpflege — ich bin schon vielseitig interessiert, habe mehrere Berufe, mehrere Tätigkeiten schon ausgeführt, daher behaupte ich, das beurteilen zu können:

    die Altenpflege z.B. wird immer technisierter und immer medizinischer. Heute stehen sie im Altenheim und haben tw. Patienten mit hochinfektiösen MRSA Keimen (müssen also medizinischer arbeiten) oder seit 10 jahren erst werden Beatmungspatienten auch zu Hause betreut, man braucht also mehr hightechnisches Know How, weil mit modernen Geräten gearbeitet wird usw…..

    aber das Ausbildungswesen in DE hält nicht Schritt!!!

    das kann man doch an ganz einfachen Bsp. sehen:

    nehmen sie den Respiratory therapist, anderswo ein Studium, in DE macht man tw. nur CRASHKURSE unsystematisch! Diese Abschlüsse sind weder in der ISCED ordnungsgemäß abgebildet als Abschlüsse, noch systematisch anscheinend…

    wie kann man sagen, das sei ein modernes* Ausbildungssystem???

    http://www.mdr.de/fakt/pflegefehler100.html

    das sind doch in anderen ländern schon längst systematisierte Bildungsabschlüsse, weiterführend , qualitativ hochwertig, sogar wechseloffen….

    http://www.kumc.edu/school-of-health-professions/respiratory-care-education/what-is-a-respiratory-therapist.html

    https://www.youtube.com/watch?v=mjxrzLYYOaA

    in DE ist das ja nicht mal ein weiterführender Abschluss!!! Wie interessant könnten Pflegebeurfe werden, wenn man die modular hochwertig gestaltet und manche Module mit anddren Studiengängen verschneidet ,z.B. Medizin usw….. so dass was anrechenbar wird für andere Bildungsgänge….

    außerdem sollte kklar erkennbar sein, das man in der ISCED weiterqualifiziert wird… statt auf dem Niveau dualer Ausbildung zu verharren

    wenn ich das richtig sehe, ist das in anderen ländern meistens so…

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