Berufliche Anerkennung ist das A und O

Ein Taxifahrer aus dem Nahen Osten hat mir gestern seine Lebensgeschichte erzählt. Das war so schockierend und berührend, dass ich sie hier teilen möchte, weil sie so deutlich macht, warum berufliche Anerkennung so wichtig ist!

Ich war gestern auf einer Konferenz, die sich mit der Frage beschäftigt hat, wie berufliche Integration für Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland besser gelingen kann. Wir wissen aus vielen Statistiken, dass jemand, der Migrationshintergrund hat in Deutschland noch immer deutlich schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat, als jemand, der keinen Migrationshintergrund hat. Die Arbeitsmarktstatistik zum Beispiel zeigt uns das leider immer wieder. Gerade sind auch die ersten Ergebnisse aus der Migrationsstichprobe erschienen, die das IAB und das SOEP gezogen haben. Das liefert uns wichtige und aktuelle Hinweise darauf, wie Menschen mit Migrationshintergrund bei uns leben: was ist schwierig für sie? Wo erfahren sie Diskriminierung? Fühlen sie sich wohl? Wollen sie bleiben? Interessant fand ich zum Beispiel, dass vor allem diejenigen, die mehrfache Migrationserfahrungen haben und gut ausgebildet sind, angeben nicht unbedingt für immer in Deutschland bleiben zu wollen, wohingegen diejenigen, die aus ihrem Heimatland nach Deutschland einwandern und keine Berufsausbildung haben, gerne bleiben möchten. Das ist nicht verwunderlich, wenn man darüber nachdenkt. Es zeigt aber auch auf, wie wichtig es ist, diesen Menschen bei uns Perspektiven zu eröffnen, denn sie wollen bleiben. Und viele geben sich dafür sehr viel Mühe, denn – das zeigen die Zahlen auch – auch wenn jemand ohne Abschluss zu uns einwandert, eine bachtliche Zahl erwirbt dann innerhalb weniger Jahre einen Berufsabschluss. Mangelnde Motivation kann man da wohl kaum unterstellen. Auch bei denjenigen, die keinen Abschluss mehr erwerben würde ich nicht pauschal fehlendes Engagement unterstellen. Wahrscheinlicher ist es, dass Einwanderer bei uns an anderen Hürden scheitern. Wie zum Beispiel mein Taxifahrer gestern. Nach der Konferenz bin ich mit dem Taxi zum Bahnhof gefahren und habe mich mit meinem Fahrer unterhalten. Er ist Mitte 50 und lebt seit 30 Jahren in Deutschland. Als er mit Mitte 20 hier her kam, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, war er studierter Ingenieur, aber er bekam in Deutschland keinen Job, weil sein Abschluss nicht anerkannt wurde. Ich hab ihn dann gefragt, was er gemacht hat und er lachte und meinte, es gäbe nichts, was er nicht gemacht hat.

Er war Packer gewesen, Putzkraft, hatte am Band gestanden und das alles, obwohl er in Deutschland noch eine Ausbildung im Gastgewerbe gemacht hatte, als er merkte, dass er als Ingenieur keine Arbeit bekommt. Jetzt fährt er Taxi, weil er findet es passt zu seinem Alter. Und weil er weiß, dass seine Chancen auf andere Jobs mittlerweile fast aussichtslos sind. Er kommt ursprünglich aus dem Nahen Osten und ich war schockiert festzustellen, dass er Angst hatte, als er das sagte. Ich habe mich gefragt, wie viel Anfeindung dieser Mann aufgrund seiner Herkunft schon hatte erleiden müssen. Hier bei uns, in Deutschland. Es gibt viele wie ihn. Und hinter jeder Geschichte steht ein Leben, ein Traum, eine Hoffnung, die sich nicht erfüllen.

Kennt ihr Menschen wie diesen Taxifahrer? Ich würde gerne diese Geschichten hören, entweder hier oder per Mail!



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