Deutscher Weiterbildungsatlas: Weiterbildungsteilnahme – Chancen und Risiken erkennen

Die Teilhabe an Weiterbildung ist in Deutschland regional ungleich verteilt. Der Deutsche Weiterbildungsatlas konnte dies erstmals zeigen. Allerdings ist die Weiterbildungsteilnahme kein unveränderliches Merkmal von Regionen. Im Untersuchungszeitraum sind zum Teil deutliche Veränderungen festzustellen, die allerdings nicht nur positiv ausfallen. Starke Verschlechterungen zeigen, dass immer weniger Menschen durch Weiterbildungen soziale Teilhabe und beruflicher Erfolg ermöglicht wird. Aber auch bei konstant niedrige Teilnahmequoten sollten Chancen erkannt und genutzt werden.

Der Deutsche Weiterbildungsatlas untersucht die Weiterbildungsteilnahme der Gesamtbevölkerung ab dem 25. Lebensjahr zwischen 2007 und 2012. Während sich die Teilnahmequoten der Bundesländer noch moderat unterscheiden (Saarland ~11 Prozent; Hessen ~16 Prozent), fallen die Unterschiede zwischen den erstmals für Weiterbildung untersuchten Raumordnungsregionen wesentlich deutlicher aus. Hier liegt die Spannweite der Werte zwischen etwa 6 Prozent (Emsland) und knapp 19 Prozent (Würzburg).

Nutzt man nun die jährlichen Werte lassen sich weitere Erkenntnisse gewinnen: So liegt nämlich das Emsland in allen Jahren des Untersuchungszeitraum – bis auf kleinere Schwankungen – konstant bei der Teilnahmequote von 6 Prozent. Würzburg hingegen weist einen deutlich negativen Trend auf. Die Teilnahmequote lag dort zu Beginn noch über 20 Prozent und ist bis 2012 auf etwa 18 Prozent gesunken. Schaut man nun auf den Zusammenhang zwischen dem Mittelwert und der Veränderung, so zeigen sich deutliche Handlungsspielräume.

Wachstumspotenziale in teilnahmeschwachen Regionen

Regionen, die 2007 mit einer verhältnismäßig niedrigen Teilnahmequote (unteres Drittel) gestartet sind, weisen bis 2012 ein signifikant stärkeres Wachstum auf als alle anderen Regionen. Hier besteht also das größte Wachstumspotenzial. Allerdings ist dieser Zusammenhang keineswegs deterministischer Natur, wie schon das Beispiel Emsland zeigte. Eine niedrige Teilnahmequote muss als Chance verstanden werden, diese zu erhöhen und damit mehr Menschen mit Weiterbildungen zu erreichen.

Um dies zu erreichen, muss der Nutzen von Weiterbildung vor Ort herausgestellt und persönlich passenden Angebote vermittelt werden. Dabei können Kooperationen der zuständigen Akteure helfen. Wenn nämlich beispielsweise die Träger von Weiterbildungen über die Bedarfe der Wirtschaft und der Bevölkerung Bescheid wissen, können Ressourcen gespart und die einfacher benötigten Weiterbildungen angeboten werden. Und zu guter Letzt müssen Weiterbildungen auch physisch in einer angemessenen Zeit erreichbar sein. Sonst werden die Angebote nicht nur für die Teilnehmer unattraktiv, sondern auch für Dozenten. Doch was tun, wenn Regionen nicht nur über eine ungünstige Ausgangssituation bei der Teilnahmequote sondern auch sonst über schlechte strukturelle Voraussetzungen verfügen?

Weiterbildungen als Standortfaktor

Die Wirtschafts-, Sozial und Infrastrukturen der Regionen haben einen Einfluss auf die Höhe der Teilnahmequote. Nun hat das Emsland hinsichtlich dieser Aspekte eine gute Ausgangsvoraussetzung für eine deutlich höhere Teilnahmequote. Anders verhält es sich bei der Region Altmark in Sachsen-Anhalt. Sie gehört zu den Regionen, für die auf Grundlage der strukturellen Voraussetzungen schon eine niedrige Teilnahmequote zu erwarten ist. Aber selbst dieser niedrigen Erwartung kann die tatsächliche Teilnahmequote von 8 Prozent nicht gerecht werden. Die jährlichen Werte zeigen zudem: Hinter dem Mittelwert verbirgt sich ein gravierender Trend. Die Teilnahmequote ist von einem leicht unterdurchschnittlichen Wert auf einen Wert von gerade einmal 5,3 Prozent im Jahr 2012 zurückgegangen. Das ist der stärkste Negativtrend aller Regionen.

Die Altmark ist eine der strukturschwächsten Regionen Deutschlands. Neben einer schwachen Wirtschaft prägen die demografische Überalterung der Bevölkerung und Bildungsabwanderung die Region. Zudem ist sie infrastrukturell eher schwach erschlossen. Auch wenngleich die Weiterbildung nicht das einzige Problem der Altmark ist, das es politisch zu lösen gilt, dürfen die Vorteile einer gut ausgebildeten Weiterbildung vor Ort nicht vernachlässigt werden. Weiterbildung muss gerade strukturschwachen Regionen als Standortfaktor erhalten bleiben. So kann die Bevölkerung beschäftigungsfähig und flexibel – und die Region damit potenziell attraktiv für Arbeitgeber bleiben. Des Weiteren bieten sich durch Weiterbildungen gerade im ländlichen Raum besonders wichtige Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe. Und das nicht nur durch die Teilnahme an Weiterbildungen selbst. Gerade ältere Personen können beispielsweise in der Nutzung des Internets unterrichtet werden und somit auch trotz schwindender Mobilität weiterhin aktiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dafür müssen aber gerade in ländlichen Regionen wie der Altmark die Zugänge zu Weiterbildungen erleichtert werden. Beispielsweise durch bessere Verkehrsanbindungen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs.

Geringqualifizierte abgehängt

Geringqualifizierte, also Personen ohne Ausbildungs- und Hochschulabschluss, wurden im Deutschen Weiterbildungsatlas separat analysiert. Und das vor allem, weil sie eine deutlich niedrigere Teilnahmequote aufweisen als Personen mit höheren Abschlüssen. Dabei könnten Geringqualifizierte von Weiterbildungen beispielsweise durch ein geringeres Arbeitslosigkeitsrisiko und attraktivere Arbeitsplätze besonders profitieren. Auch bei dieser Gruppe unterscheiden sich die Teilnahmequoten auf Ebene der Raumordnungsregionen deutlich. Neben der Teilnahmequote und dem Trend aller Befragten ermöglichen die Ergebnisse eine Einschätzung, wie gut Geringqualifizierte vor Ort erreicht werden und wie sich deren Teilnahme verändert hat. Die Region Aachen weist hierbei den geringsten Wert auf, obwohl sie mit der RWTH Aachen zu den attraktivsten Standorten für hochgebildete Ingenieure zählt. Dies garantiert aber offensichtlich längst nicht, dass auch Personen mit niedrigeren Qualifikationen von Weiterbildungen profitieren.

Welche Rolle die regionalen Strukturfaktoren der Regionen genau spielen und ob Regionen das daraus resultierendes Weiterbildungspotenzial nutzen, wird im nächsten Blogbeitrag zum Deutschen Weiterbildungsatlas diskutiert.

Alle Informationen rund um den Deutschen Weiterbildungsatlas finden Sie unter www.deutscher-weiterbildungsatlas.de

 

Blogreihe zum Deutschen Weiterbildungsatlas:

 



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