Inklusion als Aufgabe der beruflichen Bildung 5/5

Die Positionen der Initiative „Chance Ausbildung – jeder wird gebraucht!“

Fortsetzung von Beitrag 4/5:
In meinem letzten Blog hatte ich die von der Initiative „Chance Ausbildung – jeder wird gebraucht!“ ermittelten fünf zentralen Reformfelder für eine inklusive Berufsausbildung genannt:

  1.  Berufsorientierung und Berufsvorbereitung
  2.  Betriebliche Ausbildungsressourcen
  3. Berufliche Schulen
  4. Fördereinrichtungen mit sonderpädagogischen Kompetenzen
  5. Curriculare Gestaltung von Ausbildung

und die ersten beiden vorgestellt.

In den verbleibenden drei Handlungsfeldern stellen sich die Herausforderungen wie folgt dar:

3. Unterstützung der beruflichen Schulen

  • Auch für die beruflichen Schulen müssen die notwendigen materiellen und personellen Voraussetzungen für eine inklusive schulische Berufsausbildung gewährleistet sein. Entsprechende Angebote sollten daher ein Standardelement in der Lehreraus- und -weiterbildung sein. Die Schulen sollen Kooperationsformen entwickeln bzw. ausbauen, um auch verfügbare Kompetenzen von außen nutzen zu können. Hierfür müssen in den Bundesländern Konzepte mit verbindlichen Aktionsplänen entwickelt werden. Sie können in Zielvereinbarungen darüber münden, wie stabile Formen der Unterstützung der Schulen, Lehrpersonen und Auszubildenden organisiert werden und welche materiellen und personellen Ressourcen die inklusive schulische Berufsausbildung benötigt.
  • In den Bundesländern ist die schrittweise Zusammenführung von Förder(berufs)schulen und Regelschulen zu unterstützen. Dafür sind konkrete Organisationsmodelle zu entwickeln.

4. Fördereinrichtungen mit sonderpädagogischen Kompetenzen verstärkt auf eine inklusive Berufsausbildung ausrichten

  • Die vorhandenen Ausbildungskapazitäten sowie sonderpädagogischen Kompetenzen in den Berufsbildungswerken (und anderen Einrichtungen für die Bildung von Jugendlichen mit  Behinderungen) sind eine wertvolle Ressource, um inklusive Berufsausbildung gestalten zu können. Es sind Konzepte und Aktionspläne zu entwickeln, wie diese Kapazitäten und Kompetenzen wirksam in eine inklusive Berufsausbildung integriert werden können. Dabei sollen die bestehenden Ressourcen so genutzt werden, dass ein flexibles Fördersystem entsteht und Doppelstrukturen vermieden werden.

5. Curriculare Voraussetzungen schaffen, um die Potenziale von Jugendlichen mit Behinderung bestmöglich auszuschöpfen

  • Wenn Jugendliche mit Behinderungen nicht besonderen Maßnahmen zugewiesen, sondern bis zu einem anerkannten Ausbildungsabschluss geführt werden sollen, dann erfordert das eine flexible curriculare Grundlage in Form von Ausbildungsbausteinen. Die inklusive Berufsausbildung sollte in zertifizierbare Ausbildungsbausteine unterteilt werden und der Ausbildungsabschluss – entsprechend den individuellen Voraussetzungen der Jugendlichen mit Behinderungen – auch in Etappen erreichbar sein. Eine solche curriculare Struktur motiviert auch die Jugendlichen, ihren Berufsbildungsweg disziplinierter zu gehen. Erfahrungen aus bereits erprobten Ausbildungsbausteinen sind zu berücksichtigen.
  • Ausbildungen in Sonderberufen nach § 66 BBiG bzw. § 42m HwO sollen so weit wie möglich Teil der betrieblich-dualen Ausbildung werden. Das bedeutet, dass sich die Ausbildung in Sonderberufen ausschließlich auf einheitlich definierte Bausteine aus einem anerkannten Ausbildungsberuf bezieht, aber die erforderliche Unterstützung berücksichtigt. Diese Bausteine sollen als anrechenbare Teile einer Ausbildung in einem Regelberuf zertifiziert und in – für die Akteure des Arbeitsmarktes – transparenter Form dokumentiert werden. Die Sonderausbildung wird damit so weit wie möglich in die bestehende Ordnungsstruktur der Berufsausbildung integriert und das Gesamtsystem stärker auf die individuellen Bedarfe der Auszubildenden (sowie der Betriebe) ausgerichtet. Die Chance auf Anschluss an eine komplette Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf verbessert sich deutlich. Dazu sollte eine Diskussion über die curriculare Anpassung der Ausbildung in Sonderberufen geführt werden. In diese Diskussion sollten die zentralen Partner aus der Ordnungsarbeit sowie regionale Akteure (insbesondere die zuständigen Stellen, die Arbeitsagentur und die entsprechenden Verbände) mit einbezogen werden.
  • Es ist zu prüfen, inwieweit auch Werkstätten für behinderte Menschen Inhalte aus einem anerkannten Ausbildungsberuf vermitteln können. Dort, wo es möglich ist, sollten entsprechende Konzepte und Aktionspläne entwickelt und umgesetzt werden.

Berufsausbildung inklusiv zu gestalten ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Gelingen kann sie nur mit Unterstützung aller an der Berufsbildung Beteiligten. Eine tragende Säule in der deutschen Berufsbildung ist die soziale Partnerschaft. Um die mit Inklusion verbundenen Herausforderungen zu bewältigen, wird sie sich neu bewähren müssen.

Die Initiative „Chance Ausbildung – jeder wird gebraucht!“ hat sich zum Ziel gesetzt, nicht nur Forderungen aufzustellen, sondern auch Lösungswege aufzuzeigen. Daher arbeiten die Beteiligten zurzeit an einer weiteren Broschüre, die Umsetzungsstrategien und Best Practice Beispiele aufzeigen will, wie Inklusion gelingen kann.

Diese soll im Herbst 2014 erscheinen und den Schwerpunkt Inklusion in der Initiative damit beschließen.

Positionspapier „Inklusion in der beruflichen Bildung“

 



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