Nur 7 % aller Betriebe bilden Hauptschulabsolventen aus
Wie passt das zusammen: Klagen der Betriebe über fehlende Fachkräfte, aber immer weniger Betriebe bilden aus? Hauptschüler haben dabei immer schlechtere Chancen.
Das BIBB betont in seinem Report 22/13, dass „mehr als 1/3 der ausbildenden Betriebe Hauptschulabsolventen eine Chance auf vollqualifizierende Ausbildung geben“. Das klingt fair und die Betriebe sichern sich damit Fachkräfte. Doch sollten wir dabei nicht die alarmierenden Signale übersehen. Die Tücke bei dieser Nachricht steckt nämlich im Detail, genauer im Wort „ausbildenden“. Denn laut den Zahlen des BIBB-Datenreports 2013 ist die „betriebliche Ausbildungsbeteiligung stark rückläufig“ (Datenreport Kap. A.4.11). Nur noch 21,7 % aller Betriebe bilden aus. Die vom BIBB hervorgehobenen 1/3 der ausbildenden Betriebe sind demnach also nur ca. 7 % aller Betriebe. Wenn man zudem überlegt, dass das Drittel der Betriebe vermutlich zu einem großen Teil kleinere Handwerksbetriebe sind, die nur wenige Ausbildungsplätze anbieten, steht den Hauptschülern wohl deutlich weniger als ein Drittel aller Ausbildungsstellen offen.
Warum investieren immer weniger Betriebe in die duale Ausbildung, die international als deutscher Exportschlager gilt? Haben wir die Ausbildungsanforderungen so verschärft, dass viele Jugendliche keine realistischen Ausbildungschancen mehr besitzen? Um die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft zu sichern und aus Gründen der Chancengerechtigkeit brauchen wir eine Ausbildungsgarantie. Auch lassen sich durch eine stärkere Flexibilisierung der Ausbildung die Chancen der Jugendlichen verbessern. Ob der Ausbildungsweg schneller oder langsamer verläuft, am Ende eine Vollausbildung oder zunächst einmal ein teilqualifizierender Abschluss mit Anschlussmöglichkeiten steht: Das wichtigste ist doch, dass wir keinen Jugendlichen zurücklassen. Denn jeder wird gebraucht, um zukünftig den Bedarf an Fachkräften decken zu können.
http://www.bibb.de/de/65208.htm
Christian Gerhards, Klaus Troltsch, Günter Walden: Jugendliche mit Hauptschulabschluss in der betrieblichen Berufsausbildung: Wer bildet sie (noch) aus, welche Erfahrungen gibt es und wie können ihre Chancen verbessert werden?
http://datenreport.bibb.de/html/dr2013.html
Bundesinstitut für Berufsbildung: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2013
www.bertelsmann-stiftung.de/chance-ausbildung
Initiative „Chance Ausbildung – jeder wird gebraucht“
Kommentare
Super Beitrag! Leserfreundlicher Blogstil & informativ! Weiter so…
Zwar lesefreundlich, aber zu kurz gesprungen. Die Flexibilisierung der Ausbildung ist, zumindest teilweise, bereits vorhanden. Eine Ausweitung ist aber erforderlich.
Elmar Ströbele
Der Beitrag ist leider wenig differenziert und betreibt falsche Schuldzuweisungen. Die zurückgegangene Gesamtzahl der ausbildenden Betriebe lässt noch lange keine Rückschlüsse auf die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe zu. Im Gegenteil: Sie verdeutlicht vielmehr die dramatische Lage für ausbildungssuchende Unternehmen in Deutschland. Ein Blick in die Lehrstellenbörsen von IHKs, Handwerkskammern oder Bundesagentur für Arbeit zeigt, dass es keineswegs einen Rückgang an Ausbildungschancen gibt. In allen Branchen und Berufen gab es in diesem Ausbildungsjahr Lehrstellen, die nicht besetzt werden konnten. Allein bei der BA waren Ende September noch 33.500 unbesetzte Ausbildungsplätze gemeldet. Die tatsächliche Zahl liegt noch weit höher, denn längst nicht jeder Betrieb meldet seine offenen Stellen.
Insbesondere der fortgesetzte Trend zum Studium erschwert die Situation für Betriebe, die Azubis suchen. So hat sich die Zahl der Studienanfänger in Deutschland von rund 260.000 im Jahre 1995 auf inzwischen fast 500.000 verdoppelt. Vor allem kleine und mittlere Betriebe finden somit häufig keine passenden Bewerber mehr und fallen notgedrungen aus dem Kreis der Ausbildungsbetriebe heraus. Außerdem: Um qualitätsgesichert ausbilden zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Von den ausbildungsberechtigten Betrieben in Deutschland bilden mehr als 50 Prozent aus, von den größeren Unternehmen sogar mehr als 80 Prozent.
Es stimmt auch nicht, dass sich die Chancen von Hauptschülern generell verschlechtert haben. Der Anteil der Hauptschüler an den neuen IHK-Ausbildungsverträgen betrug 2012 rund 24 Prozent. Und laut Integrierter Ausbildungsberichterstattung münden nur rund 18 Prozent der Haupt- und Realschüler in den Übergangsbereich zwischen Schule und Ausbildung ein. Die Teilnehmerzahlen in den verschiedenen Übergangsmaßnahmen zwischen Schule und Ausbildung sind seit Jahren rückläufig. 2005 lagen sie noch bei weit über 400.000, 2012 bei unter 270.000 – ein Indiz dafür, dass immer mehr Leistungsschwächeren der direkte Einstieg in Ausbildung gelingt.
Unbestritten gibt es regionale Unterschiede. Natürlich gibt es Regionen, in denen es bereits ein Überangebot an Lehrstellen gibt und andere, in denen die Nachfrage noch groß ist. Häufig passen auch die Berufswünsche von Jugendlichen und die Angebote von Unternehmen nicht zusammen. Ein differenzierter Blick lohnt auf jeden Fall. Richtig ist, Herr Frick: Keiner darf zurückgelassen werden, weder schwache Jugendliche, noch Unternehmen, die verzweifelt nach Azubis suchen.