Occupational Licensing – von Kompetenztestung und Berufsregulierung in den USA

Occupational Licensing ist eine staatliche Regulierung zur Berufslizensierung in den USA, bei der das Bestehen eines standardisierten Tests zur Voraussetzung des Berufseinstiegs wird. Was genau es mit Occupational Licensing auf sich hat und warum dieses Modell für die Kompetenztestentwicklung interessant sein könnte, soll in diesem Blogbeitrag beschrieben werden.

 

Berufliche Regulierung

In den USA existieren drei Formen der beruflichen Regulierung: die Registrierung, die Zertifizierung und die Lizensierung. Während es sich bei der Registrierung und Zertifizierung um freiwillige Maßnahmen des Qualitätsnachweises handelt, ist die Berufslizensierung (Occupational Licensing) eine sehr strikte Form der beruflichen Regulierung. Dabei geht die Lizensierung über die Zulassungsbeschränkung für bestimmte Berufe, wie wir es z. B. von der Approbation in Heilberufen kennen, hinaus. Allerdings ist Occupational Licensing in den USA nicht zentral geregelt: Welche Berufe lizensiert sind und wie diese Lizenz erworben werden kann, variiert in den einzelnen Bundesstaaten. Oft ist die Vergabe der beruflichen Lizenz durch eine (oder mehrere) zentrale berufsspezifische Prüfung(en) kontrolliert. Um zu dieser Lizensierungsprüfung zugelassen zu werden, muss der Kandidat verschiedene Kriterien erfüllen. In erster Linie ist die abgeschlossene Berufsausbildung oder das abgeschlossene Hochschulstudium Voraussetzung. Zudem können weitere Nachweise, wie ein polizeiliches Führungszeugnis, ein Sprachnachweis und die Bescheinigung über einen guten physischen und mentalen Gesundheitszustand Bedingung sein, um sich für den verpflichtenden Test anmelden zu können. Meist ist auch eine Prüfungsgebühr mit diesem Test verbunden, die je nach Berufsfeld und Bundesstaat variiert.

Mit Bestehen des Tests ist die verpflichtende Lizenz erlangt und der Kandidat kann in den gewählten Beruf starten. In einigen Berufsfeldern ist diese Lizenz allerdings nicht dauerhaft gültig. In diesem Fall muss die Lizenz regelmäßig – d. h. jährlich oder zweijährlich – verlängert werden, um den „aktiven“ Status und damit die Tätigkeitserlaubnis zu bewahren. Für diese Verlängerung muss meist ein Antrag gestellt und eine weitere Gebühr gezahlt werden. Zusätzliche Bedingungen können der Nachweis von Weiterbildungsmaßnahmen in einem definierten Umfang sein.

 

Entwicklung und Absichten

Occupational Licensing gehört zu den am schnellsten wachsenden Arbeitsmarktinstrumenten in den USA: Während in den 1950er Jahren weniger als 5% der amerikanischen Arbeitskräfte eine Lizensierung erwerben musste, waren bis 2008 knapp 30% der arbeitenden Bevölkerung lizensierungspflichtig. In dem Bundesstaat Louisiana ist die Berufslizensierung am weitesten verbreitet: Hier sind 71 Berufe lizensiert, dazu zählen beispielsweise Innenarchitekten, Grundschullehrer, Hebammen, Schulbusfahrer, Kosmetiker und Friseure. Die Testgebühren liegen je nach Beruf bei bis zu $475 USD.

Ziel dieser Berufslizensierung ist es, Produkt- und Servicequalität sowie Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten und somit die Öffentlichkeit vor unqualifizierten Dienstleistungen zu schützen. Allerdings sehen Gegner dieser Regulierung die Berufslizensierung als Barriere für den Berufseintritt, vor allem für Quereinsteiger und Geringverdiener, die eher zu schlechter bezahlten aber leichter zugänglichen Jobs tendieren. Weiter wird argumentiert, dass das geringere Angebot höhere Preise für Kunden und Konsumenten nach sich zieht.

 

Ein Vorbild?

Interessanter als das Abwägen von Vor- und Nachteilen dieser staatlichen Regulierung ist allerdings die Frage, was wir von diesem Modell lernen können. Zunächst basieren diese Kompetenztestungen auf einer rechtlichen Grundlage und sind damit ein wichtiges Einstellungskriterium für den jeweiligen Beruf: Nur mit Bestehen dieser Tests ist ein Eintritt in das jeweilige Berufsfeld möglich. Weiter liegen diesen Kompetenztests Anforderungsprofile und von Berufsexperten klar definierte Standards zugrunde, die für eine gute Validität der Tests und für hohe Akzeptanz der Verfahren sorgen. Durch die computerbasierte Anwendung sind die Tests zudem skalierbar und massentauglich.

Auch in Deutschland gibt es eine Vielzahl an Kompetenzfeststellungsverfahren, wie Roman Wink (http://blog.aus-und-weiterbildung.eu/kompetenzfeststellungsverfahren/) verdeutlicht hat. Vergleichbare Instrumente wie die in den USA entwickelten Tests zur Berufslizensierung gibt es in Deutschland allerdings nicht.

Wie genau ein Testinstrument aussieht, das im Rahmen von Occupational Licensing eingesetzt wird, werde ich in meinem nächsten Blogbeitrag darstellen und als konkretes Beispiel den Test NCLEX (National Council Licensure Examination) vorstellen, der in den USA und Kanada als Voraussetzung für die Tätigkeit als Krankenschwester und Krankenpfleger Anwendung findet.

 

Quellen:

Blömeke, S. (2008). Lizenzierungsverfahren in den USA. Journal für Lehrerinnen- und Lehrerbildung, 8(1), S. 34-39.

Carpenter, D. M., Knepper, L., Erickson, A. C., & Ross, J. K. (2012). License to work: A national study of burdens from occupational licensing. Institute for Social Justice.

Kleiner, M. M. (2015). Reforming occupational licensing policies. The Hamilton Project.

Kleiner, M. M., & Krueger, A. B. (2009). Analyzing the extent and influence of occupational licensing on the labor market. National Bureau of Economic Research.

McGrath, L. (2008). A Primer on Occupational Licensing. Institute for Justice.

 

 



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