Welche Daten braucht es in der Berufsbildungsstatistik?

Die Probleme am Ausbildungsmarkt sind groß und bekannt: immer mehr Ausbildungsstellen, die nicht besetzt werden können und gleichzeitig viele Jugendliche, die leer ausgehen. Da die bestehenden Statistiken die Dimension der Problematik allerdings untererfassen, hat kürzlich der Chef des IAB, Bernd Fitzenberger, repräsentative Erhebungen vorgeschlagen. Ausbildungsmarkt in der Krise: Es braucht bessere Daten • Bildung.Table

Ergänzt werden sollen diese durch Verlaufsanalysen von repräsentativen Längsschnittdaten.

Was ist von diesem Vorschlag zu halten?

Herr Fitzenberger hat Recht, wenn er die unzureichende Aussagekraft der bisherigen Berufsbildungsstatistiken in Deutschland kritisiert. Tatsächliche Bildungsverläufe lassen sich damit nicht abbilden und präzise Aussagen zum Ausbildungsgeschehen dementsprechend nicht treffen.

Was seine Lösungsvorschläge angeht, lohnt sich ein differenziertes Hinschauen: Der Vorschlag der Erhebung repräsentativer Daten, wie sie zu den Ausbildungsstellen schon durch das IAB-Betriebspanel erfolgen, ist meines Erachtens zu kurz gesprungen. Mit den repräsentativen Erhebungen ließen sich zwar genauere Aussagen treffen, es blieben aber insgesamt Aussagen auf der Ebene von Statistiken. Abgesehen davon, mag eine repräsentative Erhebung auf Ebene von Ausbildungsstellen funktionieren, für die Bewerberseite sieht das schon schwieriger aus. Es ist bekannt, dass gerade benachteiligte junge Menschen aus solchen Erhebungssystemen „verschwinden“, bzw. sich kaum beteiligen.

Probleme sind bekannt

Präzisere Zahlen ändern allerdings nichts an der Tatsache, dass die Probleme auch so schon bekannt sind. Hier sind Individualdaten nötig, die das tatsächliche Geschehen am Übergang Schule – Beruf abbilden und (strukturelle) Benachteiligungen aufdecken.

Die vorgeschlagene Ergänzung durch Verlaufsanalysen von Längsschnittdaten – wie wir sie in unserer NEPS-Studie (Nachschulische Bildung in Deutschland) vorgenommen haben – ist daher sinnvoll, um die Problematiken am Übergang verstehen zu können und sinnvolle Interventionen anzustoßen. Aber auch hier zeigt sich, dass Jugendliche mit schlechteren Startchancen, vor allem mit maximal Hauptschulabschluss, den Erhebungen „verloren gehen“.

Sinnvoller wäre meines Erachtens deshalb, endlich eine Statistik aufzusetzen, die den Blick auf alle Bildungsverläufe erlaubt, damit kein junger Mensch verloren geht: Ähnlich wie z. B. Dänemark bräuchten wir ein nationales Bildungsverlaufsregister. Denn: dass es Probleme am Ausbildungsmarkt gibt, ist lange bekannt und wird auch schon mit den bisherigen Untererfassungen deutlich. Anhand von Verlaufsdaten ließe sich aber auch die Wirksamkeit von bildungspolitischen Maßnahmen analysieren, sodass eine evidenzbasierte Steuerung ermöglicht würde.



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