Alle Jugendlichen in Ausbildung bringen – wie geht das? (2/2)

Junge Menschen brauchen ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen

Im Sinne eines chancengerechten Berufsbildungssystems ist es notwendig, dass jungen Menschen ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsstellen zur Verfügung steht, bei dem sie eine echte Auswahl treffen können. Laut Berufsbildungsgesetz (BBiG) hat die Berufsbildungsplanung dazu die Aufgabe „…insbesondere dazu beizutragen, dass die Ausbildungsstätten nach Art, Zahl, Größe und Standort ein qualitativ und quantitativ ausreichendes Angebot an beruflichen Ausbildungsplätzen gewährleisten…“ (Berufsbildungsgesetz, § 85)

Dafür reicht es allerdings nicht, bundesweit einen rechnerischen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen, denn es ist in der Regel unrealistisch, von einem Jugendlichen aus Schleswig-Holstein zu erwarten, für eine Ausbildung nach Niederbayern umzusiedeln. Und ebenso wenig wäre es sinnvoll, einer Jugendlichen mit Berufswunsch Industriekauffrau eine Ausbildung zur Bäckerin nahezulegen – nur, weil hier vielleicht gerade freie Plätze zu besetzen sind.

Hier ist die Unterstützung des Staates gefordert. Er kann dafür sorgen, dass durch öffentlich geförderte Ausbildungsplätze das betriebliche Ausbildungsangebot bei Bedarf ergänzt wird – im Sinne der Jugendlichen und im Sinne einer Gesellschaft, die es sich nicht leisten kann und will, Potenziale ihrer jungen Mitglieder brach liegen zu lassen.

Ergänzende öffentlich geförderte Ausbildung

In unserem Leitfaden Alle Jugendlichen in Ausbildung bringen – wie geht das? Bedingungen und Gestaltung ergänzender, öffentlich geförderter Ausbildung haben wir deshalb zusammengetragen, wie das Rahmenkonzept einer solchen subsidiären Ausbildung aussehen sollte.

Zurückgreifen konnten wir dabei auch auf Erfahrungen bestehender Angebote wie beispielsweise der Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen (BaE), einer Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit (BA).

Doch während Instrumente, wie die BaE oder auch das NRW-Programm der 1.000 zusätzlichen Ausbildungsplätze, für den Zugang das Vorliegen von Förderbedarfen bzw. Vermittlungshemmnissen verlangen, sollte eine öffentlich geförderte Ausbildung auch für diejenigen zugänglich sein, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, weil das Angebot schlicht nicht groß genug war. Eine solche Lösung käme einer Ausbildungsgarantie sehr nahe.

Die Idee, eine Ausbildungsgarantie in ganz Deutschland umzusetzen, ist nicht neu und – realistisch betrachtet – aufseiten der Wirtschaft wenig populär. Die Sorge, man könnte an Einfluss verlieren oder die Qualität von Ausbildung könnte Schaden nehmen, ist groß. Für beides gibt es allerdings keinen wirklich triftigen Grund. Denn öffentlich geförderte Ausbildung soll weder die Strukturen der dualen Ausbildung außer Kraft setzen noch einen Konkurrenzmarkt eröffnen. Das dies gelingen kann, zeigt beispielsweise Österreich mit seiner Ausbildungsgarantie, die weder zur Verdrängung von betrieblichen Ausbildungsplätzen geführt hat noch zu Qualitätseinbußen.

Öffentlich geförderte Ausbildung ist aber auch regional begrenzt umsetzbar. Unsere Broschüre stellt dafür ein Rahmenkonzept vor, das regional angepasst umgesetzt werden kann. Dazu werden zunächst die grundlegenden Merkmale benannt und anschließend anhand von Leitfragen wesentliche Gestaltungsoptionen dargestellt. Praxisbeispiele illustrieren die Vielfalt der Umsetzungsmöglichkeiten. Das Ziel von Bildungspolitik sollte es sein, jedem jungen Menschen die Chance auf eine Berufsausbildung zu geben. Öffentlich geförderte Ausbildung ist dabei ein Weg, möglichst niemanden zurückzulassen.



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