Schritt für Schritt zum Berufsabschluss

Einsatzmöglichkeiten von Teilqualifikationen in Transfergesellschaften!

Die Transfergesellschaft als letztes Mittel bei Betriebsschließungen.

Betriebsstilllegungen, Insolvenzen und Massenentlassungen braucht niemand. Glücklicherweise können sich Unternehmen häufig durch eine kluge Geschäftspolitik, eine wertschätzende und konstruktive Sozialpartnerschaft sowie motivierte und qualifizierte, d. h. auch innovative und produktive Belegschaften vor solchen Katastrophen schützen. Manchmal läuft es aber anders als erwartet und die betrieblichen Sozialpartner müssen in einem engen zeitlichen wie finanziellen Korsett Regelungen finden, die den Bedürfnissen möglichst vieler Betroffener gerecht werden. Die dann anstehende Verhandlung und Gestaltung von Transfersozialplänen sind anspruchsvolle Aufgaben für Interessenvertretungen. Insbesondere für unerfahrene Betriebsräte kann das auch eine Überforderung bedeuten. Denn die Herausforderungen sind vielfältig und betreffen u. a. die Trägerauswahl, die Komplexität des Modells Transfergesellschaft, das Spannungsverhältnis zwischen Abfindung und Transfermitteln und nicht zuletzt auch das schlechte Image des Transfers, das die Kommunikation gegenüber den Beschäftigten erschwert.

 

Die Kernfrage in Transfergesellschaften lautet: Abfindung oder arbeitsmarktpolitische Absicherung?

Dabei ist die Zielsetzung einfach auf den Punkt zu bringen: Es geht um die höchstmögliche arbeitsmarktpolitische Wirksamkeit unter den jeweiligen Bedingungen des Unternehmens (und seiner Beschäftigten) sowie des regionalen und überregionalen Arbeitsmarktes. Letzterer erfordert zunehmend zeitgemäße und hohe Qualifikation, die die Belegschaften mit langen Beschäftigungszeiten und/oder in einfachen und repetitiven Tätigkeiten häufig nicht mitbringen.

Die Kernfrage lautet also: Sollen die betroffenen Beschäftigten neben einer Abfindung eine arbeitsmarktpolitische Absicherung erhalten? Und wie soll diese gestaltet sein? Die arbeitsmarktpolitischen Möglichkeiten, über die der dann eingesetzte Träger verfügt, hängen maßgeblich von den Qualifizierungsmitteln ab, die der Sozialplan zur Verfügung stellt. Wie die jeweilige Gewichtung von Abfindung und Qualifizierungsmitteln aussieht, ist stark situationsabhängig und zugleich auch – zusammen mit der tatsächlichen Mittelausstattung sowie der Laufzeit – ein wesentlicher Faktor für die Qualität einer Transfergesellschaft.

 

Berufliche Qualifizierung vergrößert Handlungsspielräume und schafft Sicherheit

Transfergesellschaften können, adäquat gestaltet und „konstruiert“, einen wertvollen Beitrag im „Auffangen“ vor allem niedrig und nicht aktuell qualifizierter Beschäftigter nach dem Entlassungsschock und in der Qualifizierung leisten. Insbesondere berufsfachliche Qualifizierungen stärken die Beschäftigungsfähigkeit; sie vergrößern die beruflichen Handlungsspielräume der Transfer-Beschäftigten und verbessern ihre Chancen auf neue Beschäftigung.

Der im Sommer 2016 neu eingeführte § 111a SGB III eröffnet Geringqualifizierten und Älteren (> 45 Jahre) zudem den bisher verschlossenen direkten Zugang zu Maßnahmen der Förderung beruflicher Weiterbildung während der Transferzeit. Zielt die Weiterbildung auf den Abschluss einer Berufsausbildung, kann sie dann auch über die Transferzeit hinaus gefördert werden. Das eröffnet den Sozialpartnern völlig neue Möglichkeiten für die Verhandlung von Transfersozialplänen.

Als Autor zahlreicher Veröffentlichungen und Handlungshilfen der Hans-Böckler-Stiftung hat Gernot Mühge im Auftrag der Bertelsmann Stiftung eine Expertise zu diesem Thema erstellt, die wir als so relevant für Mitbestimmungsträger erachten, dass wir sie in unserer Reihe Study veröffentlichen. Zusammen mit den aktuellen Auswertungen unseres Archivs Betriebs- und Dienstvereinbarungen zu diesem Thema (www.boeckler.de/pdf/mbf_bvd_transferregelungen_bei_beschaeftigungsabbau.pdf) sowie den auf unserem Mitbestimmungsportal (www.mitbestimmung.de) verfügbaren Informationen glauben wir, eine gute Orientierung für Betriebs- und Personalräte anbieten zu können – nicht nur, um „zu retten, was zu retten ist“, sondern um wirklich „das Beste draus zu machen“.

Die Studie ist unter diesem Link zum Download erhältlich.



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