Rückenansicht über die Schulter einer Frau, die einen Laptop mit einer Website mit Stellenangeboten auf einem Monitor benutzt und schreibt.

Online-Jobanzeigen zeigen Effekt von Corona Lockdown und Lockerung

Online-Jobanzeigen (OJA) sind eine geeignete Datenquelle, um Entwicklungen und Ereignisse auf dem Arbeitsmarkt zeitnah erfassen und automatisiert auswerten zu können. Das ist das zentrale methodische Fazit unserer aktuellen Studie zur Nachfrage nach Teilqualifikationen am Arbeitsmarkt. Sie bestätigt damit die Erkenntnisse aus anderen Studien wie z.B. der Machbarkeitsstudie Kompetenz-Kompass vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, IAB. Die vorliegende OJA-Studie zeigt aber nicht nur die hohe inhaltliche Auflösung (Teilqualifikationen statt vollständigen Berufsprofilen) sondern auch die hohe zeitliche Detailfülle, die diese Methode bietet. So wurden auch die Auswirkungen von Lockdowns und späteren Lockerungen während der Corona-Krise betrachtet

Corona-Effekt in Gastronomie und Baubranche sehr unterschiedlich

Die OJA-Analyse erlaubt es, Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt tagesaktuell zu verfolgen. Ein guter Indikator hierfür war die Corona-Pandemie mit ihren Auswirkungen auf die in der
Studie analysierten 5 Berufe aus dem Baugewerbe und der Gastronomie. Abhängig von Branche und Beruf der erste Lockdown (oder die nachfolgenden Lockerungen) direkt, zeitverzögert bzw. kaum auf den Arbeitsmarkt und die Stellengesuche durch. Die Auswirkungen ließen sich dabei auf den Tag genau verfolgen.

So brach die Zahl der Stellengesuche für Hilfskräfte im Gastronomieservice zu Beginn des ersten Bundesweiten Lockdowns im März 2020 um mehr als 41,5 Prozent ein und brauchte lange, sich zu erholen. Der Einbruch bei den Fachkräften fiel dagegen mit einem Rückgang um knapp ein Drittel (32,5 Prozent) etwas weniger dramatisch aus. Das Baugewerbe litt insgesamt viel weniger unter der Corona-Krise, wie sich an der Zahl der Stellenangebote ablesen lässt. Zudem stieg die Nachfrage und damit die Zahl der Online-Stellenangebote schon deutlich vor dem Ende des Lockdowns kräftig über das Vor-Coronaniveau an. Online-Jobanzeigen sind somit eine geeignete Datenquelle, um das Arbeitsmarktgeschehen über verschiedenste Zeiträume erfassen und detailliert abbilden zu können.

Zwei übereinanderliegende "Fieberkurven" der Anzahl der gesuchten Stellen bei Hilfskräften im Gastronomieservice bzw. im Tiefbau: Straßenarbeiten, mit Fokus auf den Corona Lockdown und Lockerung in März und Mai2020

Wer mehr darüber wissen will, wie wir genau vorgegangen sind bei der algorithmischen Extraktion der Berufe für die vorliegende Studie, der sei an den Methodenbericht der Firma &effect data solutions verwiesen. Hier werden auch die Gütekriterien für die Extraktion der Teilqualifikationen für die Studie insgesamt detailliert beschrieben.

Chance für die Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen

Die OJA-Analyse birgt auch ein großes Potenzial, um Maßnahmen und Instrumente der Arbeitsförderung gezielt zu evaluieren. Gerade mit Blick auf die hohe Veränderungsdynamik
am Arbeitsmarkt sind Politik und Verwaltung gefordert, ihre Instrumente immer wieder neu zu bewerten und zu justieren. Treiber dieser Dynamik sind nicht nur wirtschaftliche
Entwicklungen, sondern auch veränderte rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen. Sie sorgen für steten Wandel, dem sich Wirtschaft und Gesellschaft strukturell anpassen
müssen. Die Arbeitsmarktpolitik muss sich darauf ausrichten und prüfen, wie wirksam und wirtschaftlich ihre Maßnahmen zu jeder Zeit (noch) sind. Die OJA-Analyse liefert hierfür eine
geeignete Grundlage. Ihre besondere Stärke liegt in dem möglichen Fokus auf bestimmte Regionen, Branchen, Berufe, Zeiträume oder Qualifikationsniveaus. Damit erlaubt sie es,
auch die Wirksamkeit sehr gezielter Fördermaßnahmen zu evaluieren.

Optimierte Algorithmen werden es künftig ermöglichen, z.B. saisonale oder regionale Veränderungen zu erfassen und mit wichtigen Wirtschaftsindikatoren zu verknüpfen. Das
geschieht in zeitlich und räumlich viel höherer Auflösung als bisher. Umfangreiche Metadaten erlauben es dann, Arbeitsmarkt-Modelle zu trainieren (explorative Forschung) und theoriebegleitet zu testen (konfirmatorische Forschung). So lassen sich Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt vielleicht schon in naher Zukunft vorhersagen. In der Summe ermöglichen OJA-Analysen ein  tagesaktuelles und umfassendes Monitoring des Arbeitsmarktes. Regelmäßig eingesetzt, erlauben sie es, Arbeitsmarktdynamiken hochaufgelöst zu modellieren. Politik und Verwaltung können ihre arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen daran anpassen und die Bundesagentur für Arbeit die Menschen gezielter beraten bzw. vermitteln – ob für Qualifizierung oder Beschäftigung.

Over and out.

P.s.: Die inhaltlichen Botschaften der aktuellen Studie habe ich in meinem letzten Blogbeitrag ausgeführt.



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