„Quid pro quo“ oder warum auch der Nutzen für die Auszubildenden ein relevanter Faktor für ein funktionierendes Ausbildungssystem ist

(Ausbildung ökonomisch betrachtet Teil 6/7)

Duale Ausbildungsmodelle sind international gefragt. Insbesondere Länder mit hoher Jugendarbeitslosigkeit streben danach, ihre beruflichen Ausbildungssysteme praxisnäher zu gestalten, um die Übergänge junger Menschen in den Arbeitsmarkt zu verbessern. Als große Hürde bei der Einführung von dualen Ausbildungsmodellen in Ländern ohne diese Tradition erweist sich dabei die Beteiligung von Unternehmen. Denn ein Staat kann zwar Gesetze erlassen und Rahmenbedingungen schaffen, aber ohne die – freiwillige! – Beteiligung von Betrieben gibt es keine duale Ausbildung. Diese sehen jedoch oftmals nur den Kostenfaktor.

Die Bildungsökonomen Prof. Dr. Stefan C. Wolter und Prof. Dr. Samuel Mühlemann haben deshalb in den vergangenen Jahren in verschiedenen Ländern empirische Daten rund um das Kosten-Nutzen-Verhältnis erhoben und zudem Kosten-Nutzen-Simulationen durchgeführt, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen duale Ausbildung eine Win-Win-Situation für Auszubildende und Betriebe darstellt. Dies ist der sechste Teil einer Reihe von sieben Blogbeiträgen, in denen zentrale Erkenntnisse aus diesen Studien vorgestellt werden.

Lektion 6: Für ein funktionierendes Ausbildungssystem ist auch der Nutzen aus Sicht der Auszubildenden ein relevanter Faktor

In den bisherigen fünf Lektionen lag der Fokus ausschließlich auf der Betrachtung von Kosten und Nutzen aus Sicht der Unternehmen. Das macht insofern Sinn, als dass es ohne betriebliches Angebot keine betriebliche Ausbildung geben kann. Aber die Betriebe können wiederum auch nur dann ausbilden, wenn sie eine ausreichende Zahl geeigneter Bewerber finden. Also muss die Ausbildung auch für die Jugendlichen attraktiv sein. Das ist ökonomisch betrachtet dann der Fall, wenn sie nach Abschluss der Ausbildung ein höheres Einkommen erzielen als bei ungelernter Beschäftigung.

Um das auch empirisch zeigen zu können, wurden in Simulationsrechnungen für England nicht nur die Nettokosten für die Unternehmen, sondern auch die Erträge aus der Ausbildung für die Jugendlichen simuliert. Bei den Jugendlichen wurde davon ausgegangen, dass sie ihre Ausbildung frühestmöglich beginnen und nach erfolgreichem Abschluss das in England marktübliche Durchschnittsgehalt eines qualifizierten Facharbeiters in dem von ihnen erlernten Beruf erhalten. Die Ausbildungsvergütung wurde so berechnet, dass ausbildende Betriebe am Ende der Ausbildungszeit die Gewinnschwelle erreichen können.

Die Berechnungen zeigen, dass es einige Berufe gibt, für die sehr hohe Bildungsrenditen möglich sind. In diesen Berufen führt Ausbildung zu positiven Renditen sowohl für Betriebe als auch für Auszubildende und stellt somit eine Win-win-Situation dar. Es gibt aber auch Berufe mit sehr niedrigen Bildungserträgen und sogar solche, für die kein Ausbildungsmodell simuliert werden kann, das eine akzeptable durchschnittliche Bildungsrendite für die Auszubildenden erbringen würde – wenn man davon ausgeht, dass die Betriebe am Ende der Ausbildungszeit ihre Investitionen gedeckt haben sollen. Ein Ausweg aus einer solchen Situation kann in Berufen mit so geringen Bildungserträgen nur dadurch geschaffen werden, dass der Unterschied zwischen den Gehältern von gelernten und ungelernten Mitarbeitern vergrößert wird.

Neugierig geworden? Die ausführliche Fassung dieser und der anderen sechs Lektionen findet sich hier.

Lektion 1
Lektion 2
Lektion 3
Lektion 4
Lektion 5
Lektion 6
Lektion 7



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