Berliner Erklärung zur Anerkennung von Kompetenzen auf 3. VPL Biennale verabschiedet

Am 7. und 8. Mai trafen sich 300 Expert*innen aus 40 Ländern in Berlin und erarbeiteten gemeinsam anhand von internationalen Best-Practice-Beispielen die „Berliner Erklärung zur Anerkennung von Kompetenzen“, um einen Maßstab für Anerkennungssysteme weltweit zu setzen.

Ein Diplom im Selbststudium – ein Meister durch Berufspraxis? 

Die Anerkennung informellen Lernens, also all derjenigen Kompetenzen, die man im Ehrenamt, in der Freizeit oder durch Berufserfahrung erworben hat, ist in Deutschland noch ein Entwicklungsfeld wie unsere europäische Vergleichsstudie im Jahr 2015 gezeigt hat. Hier können wir und andere noch viel von Vorreiterländern lernen. Zum Beispiel von Frankreich, in dem jeder formale Bildungsabschluss, vom Gesellenbrief bis zur Doktorwürde bei entsprechender Eignung direkt über ein Anerkennungsverfahren erworben werden kann.

Dass Handlungsbedarf hierzulande besteht, zeigt die Situation der 4,6 Millionen geringqualifizierten Erwerbspersonen in Deutschland: 70 % der Beschäftigten ohne Ausbildungs- oder Hochschulabschluss in Deutschland arbeiten informell als Fachkräfte, bekommen aber ohne Abschluss deutlich weniger Gehalt und können ihre Kompetenzen auch bei einem Arbeitgeberwechsel kaum nachweisen.

Doch nicht nur in Deutschland, sondern auch europaweit soll dieses Problem angegangen werden: Die europäischen Mitgliedsstaaten haben seit der wegbereitenden EU-Ratsempfehlung zur Anerkennung von Kompetenzen von 2012 Fortschritte gemacht. Viele Akteure auf diesem Gebiet kamen nun in Berlin zusammen, um internationale Beispiele guter Praxis auszutauschen und die Berliner Erklärung zu entwerfen und zu verabschieden.

Berliner Erklärung zur Anerkennung von Kompetenzen

Da Institutionen und Systeme selten 1:1 auf andere Länder übertragbar sind, waren die 24 Workshops der Konferenz genau wie die Berliner Erklärung in sechs Politikfelder aufgeteilt:

  1. Institutionelle Rahmenbedingungen
  2. Finanzierung
  3. Instrumente und Verfahren
  4. Beratungsstrukturen
  5. Wege nach der Kompetenzanerkennung
  6. Rechtliche Grundlagen

Den jeweils 1 – 2 Good-Practice Inputs von hochkarätigen Referenten folgten intensive Gruppendiskussionen und die gemeinsame Formulierung von Veränderungen oder Ergänzungen des Entwurfs der Berliner Erklärung.

Das Ergebnis der Konferenz ist eine zweiseitige Erklärung, mit der sich die Teilnehmer*innen aus Politik, Verbänden, Wissenschaft und Praxis identifizierten: Aussagekräftige 91,9 % nahmen die Berliner Erklärung zur Anerkennung von Kompetenzen in der Abschlusssitzung als Plädoyer und Benchmark der Community of Practice gegenüber Bildungs- und Arbeitsmarkt-Politik weltweit an. Hiervon soll ein wertvoller Impuls für die Entwicklung vor allem der europäischen Anerkennungssysteme ausgehen – dies betont auch EU-Kommissarin für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten, Qualifikationen und Mobilität der Arbeitnehmener, Marianne Thyssen im folgendem Video:

Wie geht es weiter?

Die vierte „VPL-Biennale“ findet vom 12. – 14. Mai 2021 in Kapstadt statt. Gastgeber wird dieses Mal SAQA, die South African Qualifications Authority sein. Aber die VPL-Community will mit dem Austausch guter Praxis nicht bis zur nächsten Biennale warten. Mit 95,3 % stimmten die Teilnehmer*innen fast geschlossen für die Gründung eines internationalen Netzwerks und definierten auch gleich dessen Aufgaben von Interessenvertretung, über die direkte Vernetzung von Experten und Praktikern bis hin zur Anerkennung der eigenen Kompetenzen.

 

 



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