„Bessere Perspektiven bei Jobwechseln – Zur Ähnlichkeit beruflicher Übergänge“ – Web-Veranstaltung im Rückblick

Ein Jobwechsel macht sich vor allem dann bezahlt, wenn Arbeitnehmer:innen in verwandte Tätigkeiten wechseln – dies zeigt unsere kürzlich veröffentlichte Studie, deren Ergebnisse am 15.06.2023 in einer Web-Veranstaltung vorgestellt und diskutiert wurden.

Die Moderatorin, Luisa Kunze, führte zu Beginn in das Thema der beruflichen Mobilität auf dem Arbeitsmarkt ein: Vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels braucht es nicht nur eine massive Zuwanderung aus dem Ausland, es müssen auch Beschäftigte auf dem deutschen Arbeitsmarkt bestmöglich, also produktiv, eingesetzt werden. Hier besteht Handlungsbedarf, denn viele Arbeitnehmer:innen arbeiten in für sie fremden Berufen oder landen bei einem Jobwechsel in Tätigkeiten, die kaum etwas mit dem vorherigen Job zu tun haben. Wechseln Beschäftigte hingegen in verwandte Tätigkeiten, können sie an vorhandenes Wissen anknüpfen und ihre Kompetenzen sinnvoll einbringen. Diese Distanz beruflicher Wechsel wurde in der Studie erstmalig untersucht.

Dr. Timm Bönke, Mitautor der Studie, stellte die zentralen Studienergebnisse vor. Demnach ist der Wechsel in eine eng verwandte Tätigkeit besonders gewinnbringend: Hier fällt das jährliche Lohnplus nach dem Jobwechsel um durchschnittlich 3.500 Euro brutto höher aus als bei einem Wechsel in nicht verwandte, also komplett neue Tätigkeiten. Außerdem sind Arbeitnehmer:innen nach einem eng verwandten Jobwechsel im Vergleich rund sechs Tage im Jahr mehr beschäftigt, u. a. wegen geringerer Teilzeitarbeit und Arbeitslosigkeit. Personen in Helfer:innenpositionen und ohne Berufsausbildung sind besonders benachteiligt: Sie wechseln den Job doppelt so häufig wie Fachkräfte und starten mehrheitlich in für sie fremden Berufen – zumeist ohne Aufstiegschancen und die Aussicht auf eine bessere Bezahlung. Näheres zur Studie finden Sie hier.

Im Anschluss an die Ergebnispräsentation ordnete Björn Jentschke von den Qualifizierungsverbünden Baden-Württemberg die Befunde aus praktischer Sicht ein. Als Verbundmanager koordiniert Jentschke sogenannte Arbeitsmarktdrehscheiben, bei denen Unternehmen ihren Bedarf an Mitarbeiter:innen melden, während andere über abzugebende Beschäftigte informieren. Hierdurch wird Transparenz über Angebot und Nachfrage, in diesem Beispiel insbesondere für den regionalen Arbeitsmarkt der Metall- und Elektroberufe, geschaffen. Arbeitnehmer:innen können so bei Beschäftigungsabbau in ähnlicher Tätigkeit bei einem neuen Betrieb weiterbeschäftigt werden, ohne dass Arbeitslosigkeit oder der Neustart in einem komplett fremden Job droht. Dabei profitieren Arbeitgeber von neuen kompetenten Beschäftigten und die Arbeitnehmer:innen von lukrativen Tätigkeiten, die ihrer Qualifikation und ihren Erfahrungen entsprechen.

Am Ende der Veranstaltung sprachen sich die Referenten für eine weitere, nähere Untersuchung beruflicher Übergänge aus: Perspektivisch ließe sich untersuchen, bei welchen konkreten Wechseln ein besonders großer Einkommensgewinn zu erzielen ist. Die vorliegende Analyse legt den Grundstein für diese weiterführenden Arbeiten. Darüber hinaus müssen Pilotprojekte wie die Arbeitsmarktdrehscheiben erweitert und skaliert werden, sodass nicht nur einzelne Regionen oder Berufsgruppen von erfolgreichen Jobwechseln profitieren. Diese Synergie aus Theorie und Praxis scheint nicht nur aus Sicht der Beschäftigten lukrativ, sondern leistet gleichermaßen einen Beitrag zur Bewältigung des Fachkräftemangels. Denn nur, wenn Beschäftigungspotenziale bestmöglich genutzt werden, können die gegenwärtigen und zukünftigen Krisen auf dem Arbeitsmarkt gemeistert werden.



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