Ein Meilenstein: die letzten Widerstände sind gebrochen – alle Stakeholder sprechen sich für „Teilqualifizierung“ aus

„Teilqualifikationen passen in die Zeit“ – das war eines der zentralen Erkenntnisse der Fachveranstaltung des Deutschen Weiterbildungstages e. V. in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung am Dienstag, den 20. September, in Berlin. Das Interesse war groß. Knapp 50 Teilnehmende vor Ort und über 200 virtuell Teilnehmende verfolgten die spannenden Paneldiskussionen über die Chancen, mit Teilqualifizierungen Fachkräfte zu sichern und zu gewinnen. Und viele rieben sich verwundert die Augen: denn die letzten Vorbehalte gegen eine „Modularisierung“ sind gefallen.

 

Teilqualifizierungen als Chance in der Fachkräftegewinnung

Über die Möglichkeit, mit Teilqualifikationen Arbeitskräfte für den ersten Arbeitsmarkt zu gewinnen, diskutierten im ersten Panel Vertreter von Rewe, Randstad, der DIS AG sowie vom Weiterbildungsträger TERTIA. Von allen Panelteilnehmern wurde betont, dass Teilqualifizierungen durch ihre flexible, schrittweise Abfolge besser zur Lebensrealität von Erwachsenen passen und durch flankierende Maßnahmen, wie Coaching, sich nicht nur die berufliche, sondern auch die persönliche Situation verbessert. Dirk Hoffmann, Senior Consultant Talent Acquisition bei der Rewe Group, machte deutlich, dass es zu Beginn seitens der Marktleiter noch Vorbehalte gegenüber Teilqualifizierten gab. Dies hat sich aber grundlegend gewandelt, sodass derzeit rund 40 Märkte bundesweit mitmachen, Teilqualifizierte beschäftigen und die Möglichkeit einräumen sich auch bis zum Berufsabschluss „Kaufmann/-frau im Einzelhandel“ zu qualifizieren. Das Feedback ist sehr positiv, wie das Zitat eines REWE-Marktleiters verdeutlicht: „Schaut nicht auf den Lebenslauf, sondern auf den Menschen. Wenn ich nur das Papier und nicht den Menschen gesehen hätte, hätte ich dem Menschen keine Chance gegeben“.

 

Teilqualifikationen sind ein zentrales Instrument in der beruflichen Weiterbildung

Im zweiten Panel diskutierten Expert:innen der Bundesagentur für Arbeit, des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) und unser Kollege Roman Wink die Fragen, welchen Stellenwert Teilqualifikationen in der beruflichen Weiterbildung haben und ob sie sich für die (Weiter-)qualifizierung von Beschäftigen zur Bewältigung des Strukturwandel eignen. Überraschenderweise befanden sowohl die stellvertretende Bundesvorsitzende des DGB, Frau Elke Hannack, wie auch Dr. Volker Born, Abteilungsleiter Berufliche Bildung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, dass Teilqualifikationen ein sinnvolles Instrument sind. Bis vor wenigen Monaten taten sich die Dachverbände von Handwerk und Gewerkschaften noch schwer mit der Akzeptanz von Teilqualifikationen. Damit haben sich nach jahrelanger Diskussion mittlerweile alle Stakeholder für diese schnelle, flexible und effiziente Form der Qualifizierung im Strukturwandel ausgesprochen. Von den Diskutant:innen wurde jedoch auch betont, dass Teilqualifikationen noch nicht überall ausreichend bekannt sind. Mehr Vertrieb ist durch alle Stakeholder notwendig, um Teilqualifikationen bei Jobcentern, Arbeitsagenturen und Unternehmen bekannter zu machen. Unterstützend könnten die anstehenden Arbeitsmarktreformen wirken. Neben einer Weiterbildungsprämie für Leistungsbezieher:innen ist auch ein Qualifizierungsgeld für Beschäftigte, die durch Transformationsprozesse betroffen sind, vorgesehen. Einigkeit herrschte darüber, dass insbesondere diejenigen erreicht werden müssen, die von veränderten Anforderungen am ehesten betroffen sind, aber am wenigsten darauf vorbereitet sind, nämlich Menschen ohne Berufsabschluss. Hier spielen niederschwellige Teilqualifikationen mit der flexiblen, schrittweisen Qualifizierung bis zum Berufsabschluss ihre Stärke aus.

 

 

Alle Videos zur Fachveranstaltung – Teilqualifizierung zwischen Anspruch und Wirklichkeit:

Teil 1: Einführung 

Teil 2: TQ – Eine Chance für Unternehmen zur Gewinnung und Sicherung von Fachkräften

Teil 3: Impulsreferat – Perspektive der Bundesagentur für Arbeit

Teil 4:  Transformation des Arbeitsmarktes: Die Rolle von TQ in der beruflichen Weiterbildung

Teil 5:  Zusammenfassung 



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